Der Handel und die Konsumgüterbranche müssen Verbraucher für Produkte begeistern – und das möglichst schnell. Gespür für Kundenwünsche ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für Berufseinsteiger. Dafür locken die Möglichkeit, früh Verantwortung zu übernehmen, und der tägliche Umgang mit bekannten Marken.

Wer in Arbeitgeber-Rankings wie das „trendence Graduate Barometer 2017“ schaut, stellt schnell fest: Unternehmensberatungen, die bekannten Technologiekonzerne und der öffentliche Sektor stehen weit oben in der Gunst der Hochschulabsolventen. Doch es dürfen auch andere Branchen sein. Red Bull ist sogar Dauersieger im trendence-Ranking für Wirtschaftswissenschaftler. „Seit 2009, als wir das Ranking der beliebtesten Arbeitgeber erstmals für Österreich ermittelt haben, führt das Unternehmen die Rangliste der beliebtesten Arbeitgeber an“, erklärt Bernhard Vierhaus, Country Manager und Experte für Österreich bei trendence.

Insgesamt tummeln sich sechs Hersteller  von Fast Moving Consumer Goods (FMCG) und fünf Handelsunternehmen  in den Top 50 des trendence-Rankings. Beliebtester Arbeitgeber im Segment Handel ist Hofer auf Platz 22. „Im Handel ist mehr Bewegung als in der Konsumgüterbranche, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel. Eine allgemeingültige Tendenz lässt sich nicht ausmachen“, so Vierhaus.

Nähe zum Kunden

Was beide Branchen gemeinsam haben, ist die Nähe zum Produkt und zum Verbraucher. Dies macht sie attraktiv für viele Berufseinsteiger. Gerhard Scheuchl kannte die Welt des Handels schon vor seinem Studium des Wirtschaftsrechts an der Wirtschaftsuniversität Wien. Er hatte bereits eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann absolviert. „Täglich mit den Kunden Kontakt zu haben und jeden Tag etwas sichtbar bewegen zu können, hat mir immer Spaß gemacht. Die Branche bietet die Möglichkeit, unmittelbar zu reagieren, um den Kunden den Einkauf so angenehm wie möglich zu gestalten.“

Noch während seines Studiums lernte Scheuchl auf der Karrieremesse „Career Calling“ die Personalverantwortlichen des Lebensmitteleinzelhändlers Billa kennen. Der Auftritt der Handelskette überzeugte ihn und er konnte schon am Messestand die Bewerbungsanforderungen und -modalitäten abklären. Scheuchl überlegte nicht lange und bewarb sich: „Im Sommer startete ich 2016 bei Billa im 14-monatigen Trainee-Programm für den Vertrieb.“

Strahlkraft der Marken

Auch in der Konsumgüterindustrie macht es für viele Berufseinsteiger den Reiz aus, täglich mit Produkten zu tun zu haben, die sie auch im Supermarkt finden. „Die meisten Konsumgüterhersteller und FMCG-Produzenten profitieren von der Strahlkraft ihrer Produktmarken, die bei den Absolventen positive Assoziationen und Rückschlüsse auch auf den Arbeitgeber zulassen“, erklärt Arbeitsmarkt-Experte Vierhaus.

Dabei ist die Vielzahl der Marken kaum noch überschaubar. Allein 2016 meldeten österreichische Unternehmen fast 8.300 neue Marken  beim österreichischen oder europäischen Patentamt an. Doch regelmäßig überlebt nur ein Drittel der Innovationen  die ersten beiden Jahre, schätzen Marktforscher. Neben starken Marken, die das Image eines Unternehmens und der Branche prägen, stehen zahlreiche Saisonartikel und mancher Flop. Entsprechend kurz sind die Entwicklungszyklen in der Konsumgüterbranche. Und die neuen Produkte müssen beim Kampf ums Regal schnell in den Handel gelangen.

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Früh Verantwortung übernehmen

Dort sind Absolventen buchstäblich schnell im Geschäft. „Im Handel übernehmen Berufseinsteiger oft schneller Verantwortung als in anderen Branchen“, bestätigt Karen Hey-van de Rijdt, Head of Employer Branding bei Peek & Cloppenburg. „Unsere Trainees tragen bereits nach sechs Monaten im Unternehmen Führungsverantwortung im Verkaufshaus und werden auf die folgende Zielposition vorbereitet. Neben Umsatz und Verkaufsfläche sind sie auch zuständig für die Mitarbeiterführung“, so die Personalexpertin weiter.

Auch Gerhard Scheuchl lernte früh, wie man eine Handelsfiliale selbstständig leitet. Er wurde während seines Trainee-Programms bei Billa als Marktmanager eingesetzt. „Ich kam zunächst in eine Ausbildungsfiliale und arbeitete dort in allen Bereichen – von der Feinkostabteilung, Obst- und Gemüsebetreuung über die Kassatätigkeit und Regalbetreuung bis zur Führung. Als Marktmanager konnte ich das erlangte Wissen dann im eigenen Markt einbringen“, berichtet er.

Anschließend begleitete Scheuchl verschiedene Regionalmanager und bereitete sich auf seinen eigenen Einstieg auf dieser Position vor. Im November 2017 war es soweit: Nach Abschluss seines Trainee-Programms wurde er selbst als Regionalmanager und ist seitdem verantwortlich für acht Billa-Filialen in Wien. „Die Regionalleitung zu übernehmen, war bislang sicherlich meine größte Herausforderung im Unternehmen“, so der heute 32-Jährige.

Führungspersonal aus eigenen Reihen

Solche Laufbahnen sind durchaus typisch für den Handel. Denn die Branche ist bekannt dafür, ihr Führungspersonal bevorzugt aus den eigenen Reihen zu rekrutieren. Entscheidungen müssen schnell getroffen werden, der Kontakt zu Kunden und Mitarbeitern ist in der personalintensiven Branche direkter als anderswo. Da ist es wichtig zu wissen, wie die Branche und das eigenen Unternehmen ticken.

Auch Peek & Cloppenburg besetzt 80 Prozent der Führungspositionen mit eigenen Kräften und setzt dabei auf eine hochwertige Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter. „In der Hierarchie nach oben gibt es dabei keine Grenzen. Es gibt erfolgreiche Geschichten auf allen Führungsebenen bis hin zur aktuellen Unternehmensleitung“, betont die Leiterin des Employer Brandings Hey-van de Rijdt.

Typische Einsatzbereiche

Wer wissen will, welches Produkt Erfolg am Markt verspricht, muss herausfinden, was Konsumenten wollen. In der Konsumgüterbranche sind deshalb Freude an der Arbeit mit Zahlen und statistisches Talent gefragt. Spannende Bereiche für Berufseinsteiger sind neben dem Vertrieb das Produktmanagement, Marktforschung, Finanzwesen/Controlling oder das Patentwesen. Forscht und produziert das Unternehmen im Inland, haben auch Naturwissenschaftler und Ingenieure gute Chancen.

Der Handel stellt Berufseinsteiger ganz klassisch im Vertrieb und Einkauf ein. Speziell im Einkauf sind auch internationale Karrieren möglich. Die Zentralen der Handelsunternehmen bieten etwa Jobs in den Bereichen Marketing, Marktforschung, Personal, Immobilienmanagement sowie IT und Internet.

Praktiker bevorzugt

Kunden und Mitarbeiter von den eigenen Produkten überzeugen zu können, ist auf fast allen Positionen in Handel und Konsumgüterindustrie wichtig. „Im Handel kommt es besonders darauf an, eine begeisterungsfähige Persönlichkeit zu haben. Man muss mit hoher Servicebereitschaft an die Aufgaben herangehen“, erklärt Martina Wasser vom Möbelhaus Rudolf Leiner. „Ebenso wichtig ist es, flexibel, kunden- und lösungsorientiert zu denken und zu handeln, um bestmöglich auf die Wünsche der Kunden eingehen zu können. Wer in den Handel einsteigen möchte, muss den Umgang mit Menschen lieben, denn darauf kommt es in der Branche primär an“, so die Leiterin der Personalentwicklung.

Ohne Praxiserfahrung geht in kaum einem Bereich etwas. Eine vorherige Ausbildung in der Branche, wie Billa-Regionalleiter Scheuchl sie vorweisen kann, ist zwar keine Voraussetzung. Mit Praktika, Erfahrungen als Werkstudent oder einer Abschlussarbeit im Unternehmen punkten Bewerber aber in beiden Branchen.

„Praktiker werden bevorzugt“, stellt auch Martina Wasser fest. „In vielen Studiengängen ist inzwischen zwar ein mehrwöchiges Praktikum Pflicht. Doch wer seine Chancen erhöhen möchte, absolviert wenn möglich mehrere Praktika. So gewinnen Studierende bereits erste Eindrücke vom jeweiligen Bereich und können wertvolle Kontakte knüpfen. Viele Unternehmen übernehmen auch gerne ihre ehemalige Praktikanten oder Werkstudenten.“

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Bachelor-Absolventen gern gesehen

Bachelor-Absolventen sind in der Handelsbranche fast immer willkommen. Bei Peek & Cloppenburg ist ein abgeschlossenes Bachelor-Studium Voraussetzung für die Aufnahme in die Trainee-Programme Einkauf und Verkauf. „Um bei P&C Karriere zu machen, zählen aber vor allem persönliche Weiterentwicklung und Engagement. Dabei ist nicht immer der Bildungsabschluss entscheidend“, sagt Karen Hey-van de Rijdt.

Auch Martina Wasser hält den Master-Abschluss nicht für notwendig, um im Handel erfolgreich zu sein: „Gern gesehen ist immer berufliche Praxiserfahrung. Deshalb würde ich jedem Studierenden empfehlen, zwischen Bachelor- und Master-Studium einige Monate Berufserfahrung zu sammeln.“

Gespür für Fashion und Trends

„Als Händler muss man das Kundensegment so gut kennen, dass man die Bedürfnisse erfüllen kann“, betont Karen Hey-van de Rijdt von Peek & Cloppenburg. „Gerade im Textileinzelhandel ist dies anspruchsvoll, da wir es hier mit einem ständig wechselnden und sich verändernden Produkt zu tun haben. Die Herausforderung ist, den Sinn für Ästhetik und das Gespür für Fashion und Trends mit einem ausgeprägten kaufmännischen Verständnis zu verbinden.“ Denn am Ende verraten die Kennzahlen, wie gut ein Produkt beim Kunden ankommt.

Auch im Möbelhandel gilt es, zügig auf Kundenbedürfnisse zu reagieren. So müssen sich die Einrichtungshäuser der Nachfrage nach natürlichen, ressourcenschonenden Materialien oder dem sich etablierenden Online-Handel stellen. „In der Möbelbranche spiegeln sich moderne gesellschaftliche Anforderungen und Trends wider“, glaubt Martina Wasser vom Möbelhaus Leiner. „Sehr präsent bei uns ist das Thema Digitalisierung. Im Vergleich zu anderen Handelssegmenten ist der Online-Anteil im Möbelhandel zwar noch gering. Wir arbeiten aber an verschiedenen Omnichannel-Konzepten, um die Vorteile des stationären und digitalen Handels miteinander verbinden zu können.“

So experimentiert die Möbelbranche mit digitalen Showrooms und Pick-up-Points, die die Einrichtungshäuser ergänzen sollen. Denn wer einmal Marktanteile an Online-Händler verloren hat, wird es schwer haben, sie zurückzuholen – Buch- und Textilhandel lassen grüßen.

Text: Heinz Peter Krieger, Fotos: © gilaxia / iStock – kitzcorner / iStock

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