Unternehmensberater wildern in fast allen Fakultäten. Bei der Boston Consulting Group zum Beispiel hat nur die Hälfte aller Neueinsteiger einen BWL-Background. Jeder Dritte hat ein MINT-Fach studiert. Auch Ingenieure und Geisteswissenschaftler dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf einen Job machen. Die Consulting-Branche ist nach allen Seiten offen. So viel Offenheit ist aber nicht selbstverständlich. Wer als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer arbeiten will, muss bereits bei der Studienwahl höllisch aufpassen.

So wie Verena Gabler. Mit 33 Jahren läuft ihre Karriere im Turbo-Modus. Seit Juni 2018 ist Gabler neue Partnerin bei Deloitte Österreich. Zuvor war sie mehrere Jahre bei PwC tätig, einem der Big-Four unter den Wirtschaftsprüfern. Gablers Spezialgebiet: die Umsatzsteuer. „Ich habe bei meiner Handelsausbildung an der Handelsakademie meine Vorliebe für Zahlen entdeckt“, erzählt sie UNIMAG. „Relativ schnell habe ich begonnen, meinen Klassenkameraden oder jüngeren Kollegen Nachhilfe im Rechnungswesen zu geben.“ In den Sommerferien lag die junge Verena nicht am Strand, sondern absolvierte Praktika in Kanzleien. Schnell kristallisierte sich der Berufswunsch heraus: Steuerberaterin. Gabler entschied sich für das Studium des Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen an der FH Wien. Eine Wahl, die sich offenbar ausgezahlt hat.

Was ist ein facheinschlägiges Studium?

Grundsätzlich müssen angehende Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein Studium absolvieren, dann 18 Monate in einem Prüfungsbetrieb als Berufsanwärter arbeiten und auch die Fachprüfungen erfolgreich absolvieren. Insgesamt beträgt ihre Praxiszeit als Anwärter sogar drei Jahre. Ein langer und beschwerlicher Weg.

Aber Achtung: Es muss sich um ein „facheinschlägiges“ Hochschulstudium handeln. Wer das Falsche studiert, dem bleibt der Eintritt von vornherein verwehrt. Facheinschlägig sind gemäß Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Studien der Rechtswissenschaften sowie der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Mit 180 ECTS-Punkten in Jus oder BWL ist man auf der sicheren Seite.

„Umweg“ für Naturwissenschaftler und Techniker

Es gibt aber noch einen Umweg. Studierende, die ein ingenieurs- oder naturwissenschaftliches Fach absolvieren, können ebenfalls in den Beruf einsteigen – sofern sie während ihres Studiums in den Fachgebieten der Rechts, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften insgesamt 90 ECTS-Punkte gesammelt haben. Ein genauer Blick in die Lehrpläne lohnt sich daher. Vor allem diese Kenntnisse sind laut Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) wichtig: Betriebswirtschaftslehre, Rechtslehre, Rechnungslegung, Abgabenrecht, Abschlussprüfung, Mathematik, Statistik, Informatik, Volkswissenschaften und Finanzwissenschaften. Es hängt dabei vom jeweiligen Curriculum ab, wie viele Module frei wählbar und, ob die nötigen Rechtsfächer schon enthalten sind. Und dennoch zweifeln Experten, ob die Kammer diese Studien tatsächlich anrechnen würde. Das sollten Interessenten unbedingt schon vorher abklären.

Die Wirtschaftsuniversität Wien rät daher zu ihrem Klassiker „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.“ Die Studenten wählen dabei aus vier Studienzweigen zunächst ihren Favoriten: Betriebswirtschaft, Internationale Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Sozioökonomie oder Wirtschaftsinformatik. Im Verlauf des Studiums können sie dann aus bis zu 30 weiteren Schwerpunkten auswählen. Die WU bewirbt das Fach als regelrechten Erfolgsgaranten. So würden die Bachelorabsolventen nach ihrem Studienabschluss im Schnitt nicht mehr als sechs Bewerbungsschreiben abschicken, daraufhin zu mindestens zwei Vorstellungsgesprächen eingeladen und in der Folge ein Jobangebot erhalten. „Schon am Beginn ihrer Karriere sind sehr viele im Consulting oder bei Steuerberatungen tätig“, sagt Edith Littich, Vizerektorin für Lehre und Studierende der WU.

Wer möchte, kann noch einen Master dranhängen. An der WU stehen 15 verschiedene zur Auswahl, davon acht auf englisch. „Besonders bieten sich die beiden Masterprogramme ‚Finanzwirtschaft und Rechnungswesen‘ oder ‚Steuern und Rechnungslegung‘ an, um im Anschluss in Consulting, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung tätig zu werden“, so Littich. Und das Angebot wird immer größer.  So startet im kommenden Wintersemester das englische Bachelorprogramm „Business & Economics“. Zeitgleich verwandelt sich der Master „Volkswirtschaft“ in den englischsprachigen „Economics“ – Master.

Was bringt eine Spezialisierung?

„Unternehmen melden uns immer wieder zurück, dass sie Absolventen suchen, die nicht nur Fachwissen in Wirtschaftswissenschaften aufweisen, sondern auch Fähigkeiten wie selbstständiges und eigenverantwortliches Arbeiten“, meint Littich. Diese Qualitäten helfen schon bei der Fachprüfung. Die besteht für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche umfasst für Wirtschaftsprüfer fünf Klausuren (für Steuerberater vier) in Rechnungslegung, Abschlussprüfung, Rechtslehre, Betriebswirtschaftslehre und Abgabenrecht. Im mündlichen Teil kommen noch Berufsrecht der Wirtschaftstreuhänder, die Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, der Finanzwissenschaft, des Bank-, Versicherungs-, Wertpapier- und Devisenrechts sowie Qualitätssicherung und Risikomanagement hinzu. Schwere Kost und nichts für Zahlenphobiker.

Und die eigentliche Arbeit fängt dann ja erst an. Verena Gabler hat sich im Laufe ihrer Karriere auf die Umsatzsteuer spezialisiert. „Man erkennt im Zuge der Mandantenbetreuung schnell, dass man kein Spezialist für alle Steuerbereiche sein kann“, so Gabler. „Daher habe ich mich auf meine Kernkompetenz, die Umsatzsteuer fokussiert.“ Hohe Flexibilität und Lernbereitschaft müsse ohnehin jeder mitbringen, der in diesem Job erfolgreich sein will. Das sind wahrscheinlich Euphemismen, die auf maximalen Einsatz, Ehrgeiz – und vielleicht auch die eine oder andere Überstunde – hinweisen. „Außerdem sollte man Menschen mögen und auch gerne mit anderen zusammenarbeiten“, sagt Gabler. Dann klappt’s irgendwann auch mit der Partnerschaft.

Text: Sebastian Wolking

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