Bewegte Bilder im Web sind allgegenwärtig. Auch im Bewerbungsprozess halten Bewerbungsvideos und Videointerviews Einzug. Anders als beim privaten Selfie gehört eine gründliche Vorbereitung zu den Filmen, damit sie beim Wunscharbeitgeber gut ankommen – wie bei einer schriftlichen Bewerbung auch.

Facebook, Instagram, Snapchat & Co. machen es möglich: Studierende von heute sind es gewohnt, sich in Szene zu setzen. Bewerbungsvideos und Videointerviews können einen ersten, authentischen Eindruck der Bewerber vermitteln und helfen, sich von der Masse abzuheben. Für Unternehmen ist es zwar ein zusätzlicher Aufwand, Bewerbungsvideos zu sichten oder Videointerviews zu organisieren, die Vorteile wiegen dies aber auf. Gerade in der frühen Phase der Bewerberauswahl können gut gemachte Videos den Personalern die Arbeit erleichtern. Denn wie ausdrucksfähig ein Bewerber oder wie offen seine Persönlichkeit ist, kann ein Video viel besser und glaubwürdiger vermitteln als die Aufzählung der eigenen Vorzüge in der schriftlichen Bewerbung.

Soft Skills unter Beweis stellen

Zu den Arbeitgebern, die Bewerbervideos nutzen, um ein individuelles Bild von Bewerbern zu erhalten, zählt Peek & Cloppenburg. „Ein Video kommt überall dort gut an, wo Persönlichkeit gefragt ist. Es gibt den eigenen Soft Skills Raum: Wer seine persönlichen Stärken bereits in der Bewerbung beschrieben hat, kann sie nun unter Beweis stellen“, erläutert Corinna Gerl, Leiterin Human Resources (für Verkauf & Zentrale) bei P&C in Wien.

Besonders geeignet sind die selbst gedrehten Filme, wenn es um Jobs mit Kundenkontakt geht. Lässt sich ein Personalverantwortlicher  vom Video begeistern, wird er das dem Bewerber auch im Kontakt mit Kunden zutrauen. Auch in der Produktentwicklung oder den Kreativbranchen sind frische Ideen immer gefragt, die sich filmisch gut darstellen lassen. Wichtig ist, sich vorher zu überlegen, wen man mit dem Video erreichen und überzeugen will. Zu einem Bewerbungsvideo gehört deshalb ein kurzes, aber gut strukturiertes Drehbuch.

Zeitversetzte Videointerviews

Peek & Cloppenburg setzt vornehmlich auf eine andere Form von Bewerbungsvideos: „Wir sind ein innovativ eingestellter Arbeitgeber und freuen uns immer über das Engagement unserer Bewerberinnen und Bewerber. Proaktiv eingesandte Videos können je nach Zielgruppe im jeweiligen Einsatzbereich nützlich sein. Grundsätzlich bevorzugen wir aber auf unsere Anfrage erstellte Bewerbungsvideos“, erklärt Personalerin Corinna Gerl.

Das von P&C und anderen Arbeitgebern bevorzugte Tool sind standardisierte und zeitversetzt geführte Videointerviews. Nach der Prüfung der Bewerbungsunterlagen erhalten die ausgewählten Kandidaten per E-Mail einen Link und haben bei dem Modehändler anschließend sieben Tage Zeit, das Interview durchzuführen. Sie können also selbst entscheiden, wann sie sich einloggen und das Interview durchführen wollen. Die zu beantwortenden Fragen werden dann der Reihe nach eingeblendet. Das einzige erforderliche Equipment sind eine stabile Internetverbindung und eine funktionierende Webcam.

Nicht übertrieben inszenieren

Recruiting-Expertin Gerl beschreibt die Vorteile der zeitversetzten Videointerviews: „Alle eingeladenen Kandidaten erhalten dieselben Fragen und die gleiche Zeit für ihre Antworten, immer zugeschnitten auf die Zielgruppe und die Stelle. So sind die Videos besser vergleichbar und sie bewahren die Teilnehmer auch davor, sich übermäßig zu inszenieren.“ Denn wer sich in seinem selbst entworfenen Bewerbungsvideo zu stark in Szene setzt, riskiert, nicht mehr authentisch rüberzukommen und an der gewünschten Stelle vorbei zu schauspielern – das Gegenteil von dem, was eine Videobewerbung eigentlich erreichen soll.

Standardisierte, zeitversetzt geführte Videointerviews helfen sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Bewerber, den Bewerbungsprozess effizienter zu gestalten. „Sie lassen sich mit relativ geringem Zeitaufwand umsetzen und vermitteln trotzdem einen umfassenden Eindruck. Außerdem können sie die klassische Bewerbung aufwerten, weil die Ausdrucksweise, das Auftreten und die Körpersprache viel besser oder überhaupt erst zur Geltung kommen“, so Gerl. Weitere Pluspunkte gegenüber dem klassischen Vorstellungsgespräch am Unternehmensstandort: Die Bewerbungsvideos sind länderübergreifend und über unterschiedliche Zeitzonen hinweg einsetzbar, der Interviewkandidat befindet sich in seiner gewohnten Umgebung und muss auch nicht fürchten, nervös zu werden, weil vielleicht die Chemie zwischen ihm und dem Personaler nicht stimmt.

Vorstellungsgespräch per Video

Eine andere Variante ist das live geführte Videointerview. Es steht dem herkömmlichen Vorstellungsgespräch im Unternehmen am nächsten. Bei einer solchen Videokonferenz sitzt der Bewerber einem oder mehreren Gesprächspartnern gegenüber, wenn auch am eigenen Schreibtisch. Auch der Ablauf ähnelt dem eines klassischen Vorstellungsgesprächs. Wie beim zeitversetzten Interview können die Kandidaten ihr vielleicht (vor-)entscheidendes Interview von zu Hause aus führen. Der Vorteil, den Zeitpunkt selbst bestimmen zu können, entfällt jedoch. Die Fragen sind meist auch nicht in dem Maße standardisiert, wie es im zeitversetzten Videointerview mit eingespielten Fragen möglich ist.

3 Tipps für die Videobewerbung

  1. Damit kurz vor dem Videointerview keine Hektik ausbricht, sollten Bewerber rechtzeitig prüfen, ob die Rahmenbedingungen stimmen. Also für eine ruhige, störungsfreie Atmosphäre und gute Lichtverhältnisse sorgen sowie einen unauffälligen Hintergrund wählen, der nicht ablenkt. Wichtig ist auch ein technischer Check: Die Internetverbindung muss stabil sein, der Akku geladen und Kamera, Mikrofon und Lautsprecher müssen einwandfrei funktionieren.
  2. Für ein Bewerbungsvideo ein geeignetes Drehbuch zu entwerfen, die passende Umgebung auszuwählen und alles richtig in Szene zu setzen, ist nicht jedermanns Sache – schon gar nicht, wenn es schnell gehen soll. Wer sich das nicht zutraut, kann sich professionelle Hilfe holen: Verschiedene Dienstleister bieten die Erstellung individueller Bewerbungsvideos an. Das hat seinen Preis: Bewerber müssen mit Kosten von etwa 300 Euro rechnen.
  3. Thema Datenschutz: Was geschieht nach der Bewerbung mit meinem Bewerbungsvideo? Bewerbungsunterlagen – also auch die Bewerbungsvideos und Videointerviews – dürfen nach Ablauf des Bewerbungsprozesses maximal sechs Monate aufbewahrt werden, sofern mit dem Bewerber keine andere Regelung vereinbart ist. Es braucht sich also niemand scheuen, nach Ablauf der Frist freundlich nachzufragen, was mit den Unterlagen inzwischen geschehen ist.

Gut vorbereiten

Unabhängig davon, welche Form des Videointerviews ein Unternehmen anbietet, sollten die Kandidaten sich darauf so gut vorbereiten wie auf jedes andere Vorstellungsgespräch. „Bewerberinnen und Bewerber stechen im Videointerview durch ihre Persönlichkeit hervor, aber auch dadurch, dass sie gut über die ausgeschriebene Stelle und das Unternehmen informiert sind. Wer sich seine Argumente vorab gut überlegt, kann sie im Interview klar auf den Punkt bringen“, rät Corinna Gerl. „Die Motivation für die Stelle lässt sich im Videointerview noch viel besser ausdrücken als in der schriftlichen Bewerbung.“

Der richtige Dreh: 9 Tipps fürs Bewerbungsvideo

  1. Das Drehbuch: Wen möchte ich mit dem Video erreichen? Welche Seiten möchte ich von mir zeigen? Worauf lege ich besonderen Wert?
  2. Ruhige, passende Umgebung: Wer ein Bewerbungsvideo dreht, sollte in entspannter Stimmung sein – und sich im aufgeräumten Arbeitszimmer oder vor dem Bücherregal befinden und nicht in der Küche. Ausnahme: Wenn es um Kreativjobs geht, darf es auch eine ausgefallenere Location sein.
  3. Kurz fassen: Das Video sollte nicht länger als drei Minuten dauern – entsprechend müssen die Kernaussagen sitzen.
  4. Persönlichkeit zeigen: Ein Bewerbungsvideo lebt vom frischen Eindruck und dem Überraschungseffekt. Hier ist kein Platz, um den eigenen Werdegang zu referieren (im Bewerbungsschreiben übrigens auch nicht) – der gehört in den Lebenslauf.
  5. Passendes Outfit: Welche Kleidung passt, hängt wie immer von der Branche und dem Einsatzbereich ab. Am besten ein Business-Outfit wählen, in dem man sich wohl, aber nicht verkleidet fühlt und in dem man auch gerne zur Arbeit erscheinen würde.
  6. Guter Ausdruck: Laut und deutlich sprechen und den Text nicht ablesen, sondern in die Kamera blicken. Dabei helfen ein wenig Übung und ehrliches Feedback von Freunden.
  7. Authentisch bleiben: Vom Medium nicht verleiten lassen, eine Rolle zu spielen oder eine Show zu bieten. Das Unternehmen wünscht sich einen frischen, unverstellten und authentischen Eindruck von der Person.
  8. Format: Ein gängiges Dateiformat verwenden und das Video auf max. 5 MB komprimieren, um sicherzustellen, dass es sich auch öffnen lässt. Das Video lässt sich auch auf einer eigenen Website oder gängigen Video-Plattform hochladen und in der Bewerbung verlinken. Wichtig: Die Datenschutz- und Privatsphäre-Einstellungen so wählen, dass nur die gewünschten Adressaten das Video sehen können.
  9. Teil der Bewerbung: Ein Bewerbungsvideo ersetzt nicht die Bewerbung, sondern ergänzt sie – vielleicht entscheidend. Aussagen in den Bewerbungsunterlagen und dem Bewerbungsvideo müssen übereinstimmen und einander verstärken.

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