Amanda Palmer machte es vor: sie finanzierte ihr Album „Theater is Evil“ durch Crowfunding. Auch in Österreich scheint das Konzept nun angekommen zu sein: The Beth Edges starteten Ende 2013 eine Crowdfunding-Kampagne und erreichten ihr Ziel, € 10.000 zu sammeln um ein neues Album zu produzieren. Uns haben sie Rede und Antwort gestanden, was sie im Nachhinein von diesem Konzept der Finanzierung halten.

Habt ihr euch erwartet, dass ihr das Ziel von € 10.000 erreichen werden oder kam der Erfolg für euch überraschend? Was hättet ihr gemacht, wenn ihr gescheitert wärt?
Wir haben uns unendlich gewünscht, dass wir das Ziel erreichen, das allemal. Wir hatten aber sehr gemischte Gefühl bei der ganzen Sache. Als wir die Kampagne gestartet haben, gab es gleich überaus positive Resonanz und sehr viele Unterstützer. Die Anfangshürde war somit sehr schnell überwunden und das hat uns Mut gegeben, dass es wirklich funktionieren kann. Es gab aber auch immer wieder „Durststrecken“, wo sehr viel Zweifel entstand und wir darauf spekulierten, dass wir das Ziel wahrscheinlich nicht erreichen werden. Grundsätzlich wäre das jedoch halb so schlimm gewesen, weil Indiegogo die Möglichkeit zum „flexible funding“ bietet. Das bedeutet, dass man das Ziel nicht erreichen muss, sich jedoch die Plattform dann mehr Prozente einräumt – den bereits erzielten Betrag erhält man trotzdem. Das hilft einem sehr, etwas entspannter zu sein, weil ein „Scheitern“ nicht automatisch bedeutet, dass man mit leeren Händen dasteht. Nichtsdestotrotz war das Erreichen des Ziels ein großer Nervenkitzel und letztendlich eine große Überraschung, vor allem weil es im Kampagnen-Endspurt richtig spannend war.

Was könnt ihr mit den € 10.000 tatsächlich anfangen, was ermöglicht solch eine Summe für euch? Wie habt ihr die Summe festgelegt, die ihr erreichen möchtet?
Wir haben einen groben Kostenplan für das Album aufgestellt und sehr lange überlegt welche Summe wir bei Indiegogo festlegen sollten und haben uns dann auf die 10.000 geeinigt, weil das ein Ziel war, welches wir für realistisch hielten. Wir wussten jedoch schon im vorhinein, dass diese Summe, sollten wir sie überhaupt erreichen, nicht die gesamten Produktionskosten abdecken wird. Equipment, Studio, Mixing, Mastering verschlingt schon einiges an Geld. Man darf auch nicht vergessen, dass wir nicht die vollen 10.000 zur Verfügung haben, da auch die Plattform Prozente kassiert, sowie die angebotenen Gegenleistungen gewisse Fixkosten wie Verpackung und Transport verursachen. Kurz gesagt, der Betrag wird nicht alles abdecken, aber er hilft uns enorm und bringt uns in die privilegierte Lage den Großteil der unzähligen Facetten einer qualitativen Produktion überhaupt möglich zu machen.

Wie schwer war es für euch, die Fans zum Spenden zu bringen? Was waren die beliebtesten und erfolgreichsten Packages und habt ihr euch das so erwartet?
Um ganz ehrlich zu sein, ist es uns nicht immer leicht gefallen, ständig auf unsere Crowdfunding Kampagne hinzuweisen, denn wir wollten um jeden Preis vermeiden, Leuten damit auf die Nerven zu gehen, oder die Geduld der Fans überzustrapazieren. Ich glaub jedoch, dass wir das ganz gut gelöst haben. Wir haben Crowdfunding nie als Spendenaktion angesehen, sondern eher als eine Möglichkeit, die Unterstützer im Entstehungsprozess des Albums mit einzubinden und das wurde sehr geschätzt und auch so wahrgenommen. Am beliebtesten waren Vinyls bzw. CDs und auch persönlichere Packages wie das Akustikkonzert im Wohnzimmer.

Gab es Überraschungen für euch (zB bezüglich des Verlaufs, der Spendenbereitschaft, der Beliebtheit der verschiedenen Packages usw.)?
Die größte Überraschung für uns war mit Sicherheit die Bereitschaft der Leute, etwas zu unterstützen, was zum Zeitpunkt der Kampagne eigentlich nur in unseren Köpfen herumgeschwirrt ist oder lediglich als Demo irgendwo festgehalten war. Keiner hat je einen Ton vom neuen Album gehört und trotzdem war das Vertrauen da, dass wir alles geben werden um ein großartiges Album zu produzieren. Auch zu sehen, dass die Leute das wirklich wollen, dass wir neue Musik rausbringen, ist ein wunderbares Gefühl. Wir waren auch sehr überrascht, dass sich vor allem teurere Packages wie das Wohnzimmerkonzert oder auch ausgefallene Aktionen wie „We cook you eat“, großer Beliebtheit erfreuten. Generell haben wir aus der Kampagne einige erstaunliche Erkenntnissen gewonnen, wie zum Beispiel die hohe Nachfrage nach den physischen Medien CD und Vinyl. Die Zahl der verkauften digitalen Alben ist im Vergleich viel, viel geringer.

Wie viel Zeit hat das gesamte Projekt von der Vorbereitung bis zur Umsetzung und Betreuung für euch in Anspruch genommen?
Wir haben uns sehr früh schon viele Gedanken über die Realisierung gemacht. Angefangen von wie wir den Leuten die Kampagne näher bringen können, bis hin zu welche Packages wir anbieten und ob die Ausführung dann auch logistisch und zeitlich möglich ist. Vor allem das Timing war uns wichtig, denn wir wollten nicht, dass zu viel Zeit zwischen Kampagnenende und Albumrelease vergeht, um auch Aktualität zu garantieren. Als wir die Kampagne gestartet haben, war schon ungefähr klar, wann wie was wo passieren sollte und ein großer Teil somit erstmal erledigt. Während die Kampagne gelaufen ist, haben wir uns sehr viel Zeit für die Kommunikation mit den Unterstützern genommen und auch um das Projekt zu verbreiten und Leuten davon zu erzählen. Wir haben auch bereits während der Kampagne die ersten Wohnzimmerkonzerte gespielt. Jetzt, wo die Kampagne vorbei ist, werden wir die Goodie Packages einlösen und vor allem die verkauften CDs verschicken usw., das wird alles noch eine Menge Arbeit.
Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass Crowdfunding mit wahnsinnig viel Aufwand verbunden ist und man schon sehr viel Energie, Zeit und Geduld investieren muss. Führt man sich jedoch vor Augen, dass es sich wirklich gelohnt hat, weil wir jetzt das Album finanzieren können, ist das alles halb so wild. Abgesehen davon, macht der damit verbundene Spaß bei Dingen, wie den Wohnzimmerkonzerten, ohnehin wieder alles gut.

Was ratet ihr anderen Bands, die ebenfalls darüber nachdenken, Projekte durch Crowdfunding zu finanzieren? Was sind No-Gos und was muss man unbedingt machen, um Erfolg zu haben?
Die Tipps von den Crowdfunding Plattformen, wie zB die Erstellung eines Pitchvideos oder einer vernünftigen Projektbeschreibung, sind sehr hilfreich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt unserer Meinung nach in der Kommunikation mit den Menschen. Wir glauben, dass es sehr wichtig ist sich im klaren zu sein wie Fans zu einem stehen. Man darf keine Berührungsängste haben und man darf auch nicht glauben, dass es reicht einfach ein paar Packages auf Indiegogo zu stellen, den gewollten Betrag einzugeben und los geht’s. Es gibt viel Arbeit drumherum, denn es bleibt nicht dabei, einfach zuzusehen wie sich der Balken Richtung Ziel ausdehnt. Man muss Updates liefern, den Leuten zeigen, dass man was tut dafür und natürlich das wichtigste, die versprochenen Goodie Packages einlösen. Wesentlich und wohl auch am schwierigsten ist die Einschätzung der Unterstützungs -und Interaktionsbereitschaft der Fans. Wir haben das an 2 Faktoren festgemacht: einerseits an unseren Livekonzerten und andererseits an Facebook. Wir haben gemerkt, dass viele Leute richtig gern zu unseren Konzerten kommen und uns auch im Internet supporten. Wir haben eine große Bereitschaft wahrgenommen, welche von sehr aktiven Fans ausgeht. Wie sich das dann konkret in der Kampagne widerspiegeln würde wussten wir im Vorhinein nicht wirklich. Wir haben riskiert und darauf vertraut, dass diese Bereitschaft auch auf das Crowdfunding überschwappt und so war es dann auch, was wir unendlich wertschätzen.

Stellt für euch persönlich Crowdfunding ein Zukunftsmodell dar und werdet ihr ab sofort öfter diesen Weg gehen?
Es ist ein Innovatives Modell welches auf Gegenseitigkeit beruht. Wir sind glücklich weil wir unser Album produzieren können und die Fans sind dann im besten Fall glücklich über das Ergebnis. Wir mögen beim Crowdfunding den direkten Weg zwischen Fans und Band. Diese Faktoren sprechen also dafür, auch in Zukunft den Weg des Crowdfundings zu beschreiten, nicht zuletzt weil es sich auch als praxistauglich erwiesen hat.
Wie vorhin schon erwähnt, braucht man viel Energie und Zeit für so eine Kampagne. Wenn wir dies auch bei zukünftigen Alben aufbringen können, spricht eigentlich nichts dagegen.  

Wisst ihr, wer eure Spender waren (Bekannte/langjährige Fans/etc. )? Kanntet ihr zB die Leute, die die Acoustic-Konzerte gekauft haben?
Die Unterstützer waren bunt gemischt. Von Fans die wir schon oft auf unseren Konzerten getroffen haben, bis hin zu Fans die wir bisher noch nicht persönlich kennengelernt haben oder auch Leuten, die neugierig geworden sind und durch die Kampagne auch auf unsere Musik gestoßen sind. Auch bei den Wohnzimmerkonzerten war das ähnlich und wir haben viele Leute an diesen Abenden kennengelernt.
Alles in allem ist aber doch zu erkennen, dass der Großteil der Supporter bereits vor der Kampagne Beth Edges Fans und Unterstützer waren.

Seht ihr Crowdfunding generell als Zukunftsmodell für Musiker/Bands? Oder funktioniert dieses Modell nicht, wenn „zu viele“ Bands auf diese Art ihr Projekte finanzieren?
Crowdfunding ist in der Theorie ein großartiges Konzept. Auch hat es bei vielen in der Praxis schon funktioniert – bei Vielen wiederum nicht. Das Problem ist hierbei jedoch eher, dass das Prinzip des Crowdfundings für viele noch sehr neu ist. Auch bei uns ist oft die Frage gekommen, was das jetzt genau für eine Aktion ist, die wir da gestartet haben. Neben dem großen Potential des Modells, besteht also auch noch viel Aufklärungsbedarf.
Dass zu viele Crowdfunding Kampagnen gleichzeitig einander schaden, ist eher unwahrscheinlich. Es zählt schlussendlich das Endprodukt und wenn man dies unterstützenswert findet, dann wird man es auch unterstützen. Es geht wohl eher um die generelle Bereitschaft für etwas Geld auszugeben. Schlussendlich finanzieren ja auch auf dem klassischen Weg die Käufer die Albumproduktion. Nur halt im Nachhinein. Im Fall von Crowdfunding eben auf direkterem Weg und vorab.

Vielen Dank für das Interview!

 

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