„Ohne viel Schnörkel, direkt ins Herz und in die Beine.“ – So beschreiben sich Aaron Ahrends, Pascal Karier und Paul Rundel von Say Yes Dog selbst und treffen damit genau ins Schwarze. Mit ihrer Debüt-EP „A Friend“ machten die drei Musiker bereits 2013 auf sich aufmerksam. Nun erschien zwei Jahre später endlich ihr Debütalbum „Plastic Love“. Vor ihrem Auftritt in der Musikbar Rhiz trafen wir das Trio zum Interview.

Eure Entstehungsgeschichte habt ihr bestimmt schon 1.000 Mal in Interviews erzählt. Aber welche Bands wolltet ihr damals eigentlich unbedingt auf dem Fusion Festival sehen?

Aaron: Es ging uns da gar nicht um die Bands. Das Fusion ist tatsächlich ein Festival, bei dem man im Vorhinein nicht weiß, wer dort spielen wird. Es ist aber trotzdem so gut gemacht und so toll organisiert, dass wir da unbedingt hin wollten. Es ist wie ein Gesamtkunstwerk.

Pascal: Man lässt sich einfach überraschen, wer dort spielt, und kann viele neue Bands entdecken.

Aaron: Genau, dort spielen viele kleine Bands, so wie wir es sind. Deshalb durften wir dort auch auftreten.

Im Anschluss daran sind euch die Festivaleinladungen ja nur so zugeflogen. Hat das Publikum eure Musik überall gleich aufgenommen oder gab es da Unterschiede?

Aaron: Ich glaube, wenn man zum Beispiel Holland mit Spanien vergleicht, dann war der Unterschied schon sehr groß. Die Spanier waren bei unserer Musik – vielleicht auch bei jeder Art von Musik, das kann ich nicht beurteilen – ein sehr dankbares und wildes Publikum. Die tanzen, springen und singen. Holländer sind da eindeutig zurückhaltender und reden auch gerne mal während der Konzerte.

Was das Reden betrifft, ist das in Österreich leider ähnlich…

Aaron: Ja? Na da freuen wir uns schon auf heute Abend (lacht)!

Vielleicht ist es in der intimen Rhiz-Atmosphäre ja anders (lacht)

Pascal: (lacht) Da gehen die lieber gleich raus.

Aaron: In Frankreich stand mal ein Typ in der ersten Reihe, der während eines ruhigen Songs richtig laut geredet hat. Das war echt zum Kotzen.

Wie hat eure Setlist anfangs denn ausgesehen? Ihr hattet ja lange Zeit nur eure Debüt-EP „A Friend“.

Aaron: Damals haben wir noch viel improvisiert. Wir hatten viele Ideen, auf die wir ein bisschen gejammt haben. Die Songs waren ja wirklich alles andere als ausgereift. Das war teilweise ganz schön tricky. Man könnte fast sagen, wir hatten so eine Art DJ-Set.

Auf Coversongs habt ihr nicht zurückgegriffen? Das machen ja viele Bands gerne.

Aaron: Nein, das nicht. Es waren alles unsere eigenen Songs – bloß mit weniger Text und längeren Instrumentalparts. Da haben wir auch viel ausprobiert, viel geloopt und es einfach laufen lassen.

Nicht nur Festivalveranstalter haben sich um euch gerissen, auch JUNIP und Capital Cities wollten euch auf Tour dabei haben. Wie kam es dazu? Sind die Bands selbst an euch herangetreten?

Aaron: Ja, wir wurden von denen ausgewählt, oder?

Paul: Genau, das läuft meistens so, dass denen ein paar Bands vorgeschlagen werden und die sich diejenige aussuchen, die ihnen persönlich am besten gefällt. Das war auch zeitlich sehr knapp hintereinander. Da waren wir gerade noch mit Capital Cities auf Tour und haben beim vorletzten Gig den Anruf bekommen, ob wir auch noch die nächsten vier Tage Zeit hätten, um noch vier Konzerte mit JUNIP zu spielen. Das war natürlich ein super Angebot!

Richtig genial! Und was habt ihr durch die vielen Gigs dazugelernt? Gestaltet ihr eure Konzerte mittlerweile anders als früher?

Aaron: Auf jeden Fall! Man lernt nirgendwo mehr, als wenn man live vor Publikum spielt. Das ist die beste Schule. Für uns war es auch enorm wichtig zu lernen, was gut funktioniert und was nicht. Das hat uns auch in der Weise beeinflusst, wie wir jetzt Lieder schreiben und produzieren.

Geht ihr auch selbst noch oft auf Konzerte, um euch inspirieren zu lassen?

Aaron: In letzter Zeit irgendwie nicht mehr so viel, weil wir ja auch selbst so viel unterwegs sind. Aber wenn sich die Möglichkeit ergibt, immer gerne!

Paul: Bei Pascal war das letzte Konzert Unknown Mortal Orchestra. Die hab ich leider verpasst. Aber es gibt einfach ein paar Bands, die ich auf jeden Fall mal sehen will, wenn sie mal nach Berlin kommen oder wir zufällig gerade in einer Stadt sind, in der sie auftreten. Es ist schon so, dass wir im Sommer auf Festivals sehr viele Bands sehen. Da kriegt man relativ viel mit. Da muss man gar nicht mehr auf so viele Konzerte gehen nebenbei.

Aaron: Wir sehen auch viele Konzerte einfach von der Bühnenseite. Das macht auch Spaß. Denen kann man dann auch gerne mal was zurufen (lacht).

Ihr habt euch für das Debütalbum ja ganz schön lange Zeit gelassen. Ein Grund dafür, den ich bei meiner Recherche immer wieder gelesen habe, war, dass ihr teilweise an drei unterschiedlichen Orten wart. Jetzt habt ihr euch aber für Berlin als Homebase entschieden. Wieso gerade Berlin?

Aaron: Zwei von uns kommen aus Berlin. Das war eigentlich auch der Hauptgrund, wieso wir uns so entschieden haben. Paul und ich sind nach unserem Studium zurück in die Heimat und es bot sich auch musikalisch ganz gut für uns an. Berlin ist eine der passendsten Städte für das, was wir machen. Wir haben dort einen sehr günstigen Proberaum und ein Studio. Die Szene ist auch sehr interessant. Gerade die elektronische Szene ist sehr groß und es findet viel Austausch statt. Man kann sich stark bereichern.

Trotzdem habt ihr euch dafür entschieden, euer Album in Holland aufzunehmen …

Aaron: Das lag daran, dass ich zu dem Zeitpunkt noch in Holland gewohnt habe.

In einem Interview habt ihr auch erwähnt, dass Den Haag als Basis für’s Musikmachen besonders toll ist, weil da im Vergleich zu Berlin nicht so viel abgeht und man nicht so leicht abgelenkt wird. Brauchtet ihr diese Art von Rückzug für die Produktion des Albums?

Aaron: Das kann man auf jeden Fall so sagen! Den Haag war ja die Stadt, in der wir sehr lange Zeit gelebt haben, und da gab es tatsächlich nicht viel Ablenkung.

Paul: Es gab dort wenig Nachtleben und wenig elektronische Musik, die in den großen Clubs gespielt wird.

Pascal: Wenn man von elektronischen Bands redet, gibt es in Den Haag ziemlich wenig.

Aaron: Aber das, was du gesagt hast, ist schon richtig so! Wir haben das Album in einem Studio in der Kleinstadt Haarlem fertig gestellt und ich glaube, dass wir uns für unser nächstes Album auch wieder für so einen abgeschiedenen Ort entscheiden werden, weil man dort wirklich überhaupt keine Ablenkung hat. Dort kann man nichts machen außer Musik, weil die Stadt nichts hergibt (lacht). Das ist schon wichtig für uns.

Wie sieht denn der kreative Prozess bei euch aus? Hat sich eure Arbeitsweise seit der EP-Produktion verändert?

Aaron: Nicht wirklich, es geht meistens so los, dass ich eine Idee habe und wir dann zusammen die Texte schreiben. Das ist meistens der Ablauf.

Einige eurer Songs haben es nicht auf das Album geschafft. Gab es bei der Auswahl Entscheidungsschwierigkeiten oder war für euch alle klar, welche Nummern unbedingt auf die Platte sollen und welche nicht?

Aaron: Es war tatsächlich relativ einfach. Es gab da keine großen Diskussionen, oder?

Paul: Nein, überhaupt nicht. Es wurde zwar relativ viel diskutiert, aber wir sind dann am Ende soundmäßig doch immer einer Meinung gewesen. Unsere Geschmäcker sind zum Glück relativ ähnlich.

Aaron: Wir haben uns da nie darüber gestritten oder gezofft (lacht).

Und was waren die Hauptgründe, warum es gewisse Songs auf die LP geschafft haben und andere nicht?

Aaron: Wir haben die Songs wirklich sehr bedacht ausgewählt und uns viele Gedanken darüber gemacht, warum der Song rauf muss und ein anderer nicht. Warum passt ausgerechnet die Nummer besser als eine andere? Es ging da nicht nur darum, die krassesten Songs zu nehmen, sondern natürlich auch jene, die zusammenstehen können. Wir wollten ein Album schaffen, das man zu Hause von vorne bis hinten durchhören kann, und nicht eine wahllose Kollektion von Songs, die irgendwann mal entstanden sind. Es kann natürlich sein, dass der ein oder andere Song nicht mit drauf durfte, aber das heißt ja zum Glück nicht, dass er ganz weg ist. Den spielen wir vielleicht einmal live oder er kommt später auf eine andere Platte.

Welche Idee steckt denn hinter eurem Album-Cover?

Aaron: Das ist eine Idee, die wir zusammen mit unseren drei Grafikern ausgesponnen haben. Sie hatten die Idee mit der Schaufensterpuppe und zusammen haben wir das dann weiterentwickelt. Wir haben die verschiedensten Schaufensterpuppen von allen Seiten fotografiert. Wir wollten damit versuchen, das Wortspiel „Plastic Love“ grafisch umzusetzen. Es sollte etwas Menschliches zeigen, das etwas Schönes an sich hat, aber ganz offensichtlich nicht echt ist. Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Habt ihr denn auch musikalische „Guilty pleasures“ – also Künstler, die ihr gerne hört, für die ihr euch öffentlich aber ein bisschen schämt?

Aaron: Guilty pleasures (lacht) …

Paul: Wieso guckt ihr mich an? (alle lachen)

Aaron: Keine Ahnung (grinst)Ace of Base find ich super.

Pascal: Das gilt nicht als Guilty pleasure! Ich glaube, Paul ist derjenige von uns, der am häufigsten peinliche Songs im Radio mitsingt.

Paul: Ich bin sehr empfänglich für Ohrwürmer. Das reitet dann die ganze Band in die Scheiße (alle lachen), wenn ich mal wieder Taylor Swift singe.

Und wenn ihr einen Song als „Soundtrack eures Leben“ wählen könntet, wäre das…

Aaron: Oh Gott, keine Ahnung!

Pascal: Wir haben immer so eine Playlist, die wir vor und nach Konzerten abspielen. Das ändert sich zwar laufend, aber es sind Songs, die wir im Moment ganz gut finden.

Paul: Das ist echt eine schwere Frage …

Aaron (nach einer langen Pause): „The Roof Is On Fire“ (alle lachen) (Anm. d. Autorin: Im Hintergrund spielt gerade der besagte Song der Bloodhound Gang)

Ihr habt selbst im Den Haager Konservatorium Tontechnik und Jazz studiert. Welche Tipps könnt ihr unserer studierenden Leserschaft mit auf ihren Weg geben?

Aaron: Paul? (lacht) Es kommt natürlich darauf an, was man studiert. Wenn man Musik studiert, braucht man denen nicht viel sagen. Die chillen eh nur (lacht). Medizinstudenten und alle anderen sollten nicht auf mich hören. Ich glaube, was im Studium wichtig ist, ist, dass man sich nicht zu sehr verkrampft und sein Sozialleben aufrecht erhält. Und nicht zu viel Ritalin nehmen! Das ist nämlich gefährlich (alle lachen).

Ihr wart gerade auf einer Künstleraustausch-Reise in Ghana. Was hatte es damit auf sich?

Aaron: Das waren so extrem viele neue Eindrücke, wir haben da eine ganz neue Kultur kennengelernt. Es war eine ganz besondere Reise für uns.

Paul: Wir waren alle noch nie zuvor in Afrika, als Band sowieso nicht. Wir waren leider nur eine Woche dort, was viel zu kurz war. Bis wir in den Flow gekommen sind, mussten wir auch schon wieder abreisen. Es war eine sehr coole und spannende Erfahrung.

Aaron: Es war auch interessant zu sehen, wie unsere Musik dort aufgenommen wurde, weil es ja dort etwas ganz Exotisches ist. Dort gibt es diese Art von Musik gar nicht. Aber selbst in Ghana hat unsere Musik funktioniert und die Leute konnten damit etwas anfangen. Das war sehr schön für uns zu sehen.

Wie genau kann man sich euren Aufenthalt dort vorstellen? Ihr habt also selbst Konzerte gespielt – habt ihr auch die lokale Musikszene kennenlernen können?

Aaron: Leider nicht so richtig, oder?

Paul: Ein bisschen schon. Wir hatten dort zwei Konzerte. Eines davon fand in der Hauptstadt Accra statt. Das war im Rahmen eines kleinen Festivals, das von einer französischen Kulturinstitution organisiert wurde. Dort traten wir, ein DJ aus Frankreich und ein DJ-Collective aus Ghana auf. Die haben wir kennengelernt. Und dann hatten wir bei einem unserer Songs einen Rapper aus Ghana mit dabei. Das war ziemlich cool.

Das klingt wirklich sehr spannend. Welche Pläne gibt es denn schon für 2016?

Aaron: Die Pläne sind noch nicht so ganz ausgereift, aber wir werden ziemlich sicher relativ viel auf Festivals spielen und noch ein paar neue Songs raushauen. Ein weiterer EP-Release ist gerade im Gespräch, das ist aber noch sehr vage.

Danke für eure Zeit und das nette Gespräch!

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