Science Buster Werner Gruber, beliebter Physiker, Autor und Leiter des Wiener Planetariums und zweier Sternwarten, sprach mit uns über sein Leben, die Zukunft der Universitäten und über die praktische Anwendung von Lichtschwertern.

Herr Gruber, Sie hatten vor kurzem einen schwerwiegenden Vorfall und waren rund 20 Minuten tot…
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich kann mich an nichts mehr erinnern. Das Letzte, an das ich mich erinnern kann, ist, dass ich für meine Lebensgefährtin ein Spiegelei auf einem gebutterten Toast mit Eierschwammerl zum Frühstück zubereitet habe.
Noch kurz zur Statistik. Mein Kardiologe meinte, ich sei ein sogenannter Sudden Death Survivor. Ganz ehrlich, allein schon der Titel, das kann man sich auf die Visitenkarte drucken lassen. Er meinte, von zehn Personen, die das erleben, überleben drei. Naja ein Drittel, aber überleben hat noch nichts mit dem Gehirn zu tun. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich praktisch unbeschadet, ohne gröbere Hirnprobleme überleben konnte, ist 100 zu 3. Ich muss dazu sagen, beim Gehirn ist es schwer zu sagen, ob ein Schaden übrig geblieben ist. Ich persönlich glaube ja nicht. Mir ist zwar vor ein paar Tagen ein Begriff partout nicht eingefallen, kann jetzt aber auch eine Ermüdungserscheinung gewesen sein. Es ist aber nichts Gravierendes, das mich in irgendeiner Art und Weise einschränkt.Nur die Schwiegermutter meinte, dass der Sprachduktus ein etwas anderer wäre.

Sie haben im letzten Jahr sehr viel abgenommen. Glauben sie, dass das vielleicht der Grund für den Herzstillstand war?
Das Witzige ist, jeder Zweite fragt mich das, aber die Geschichte ist die: Ich habe mit meinen Ärzten echt viel geredet und da war auch das ein Thema. War es zu viel Stress? Zu viel Koffein? Das rasche Abnehmen? Aber es war explizit keines davon die Ursache.

Was machen Sie eigentlich, um Spaß zu haben?
Das Erste ist – das klingt jetzt wirklich blöd – meine Arbeit. Das ist kein Witz. Das ist nicht immer und überall, aber ich habe im Sommer wieder an neuen Experimenten herumgetüftelt und herumgebastelt und das hat echt Spaß gemacht. Das Zweite ist, wenn ich mal nicht im Planetarium bin, gehe ich gern ins Kino und habe wahnsinnig gerne lässige Diskussionen mit netten Leuten. Kochen glaubt zwar jeder, dass ich das gerne mach, ich tu es schon gerne, aber das ist jetzt nicht so hobbytechnisch, dass ich sage: So, jetzt mache ich ein achtgängiges Menü

Warum sollte man Ihrer Meinung nach ins Planetarium gehen?
Wenn ich jetzt sage, ich möchte ein bisschen mehr vom Leben wissen: Sind wir alleine im Universum? Wie funktioniert das Universum überhaupt? Wie funktionieren Menschen? Das hängt nämlich auch sehr viel mit den Sternen zusammen und nicht im Sinne der Astrologie. Wo kommen wir her und wohin werden wir gehen? Haben Sie gewusst, dass wir alles die Überreste eines verstorbenen Sterns sind? Aus Sternenstaub. Der Sternenstaub ist dadurch entstanden, weil eine Sonne explodiert ist. Ja, die Überreste einer Supernova. Wir existieren, weil eine Sonne gestorben ist. Viele Leute glauben ja, dass der Mond einen psychologischen Einfluss auf uns hat. Wir können erklären: „Nein, das ist Blodsinn!“
Und das sind jetzt genau die Gründe, wieso man ins Planetarium geht. Alleine wenn man sich ansieht, wie schön der Himmel sein kann. Wir haben in Wien leider das Problem mit der Lichtverschmutzung und Wolken. Die Sterne leuchten zwar, aber wir sehen sie leider nicht, weil die Wolken dazwischen sind.

Gibt es in der Physik gerade ein Forschungsthema, dessen Ergebnissen sie entgegenfiebern?
Ich muss sagen, das gibt es immer wieder. Als die Sonde New Horizons am Pluto vorbeiflog, war das schon eine Aktion, wo man gesagt hat: Wow, wie sieht das Bild aus? Also das war schon etwas, bei dem ich in der Früh ins Büro gegangen bin und schon im Taxi im Internet nachgesehen habe, wie es aussieht. Das Interessante daran ist, dass die ganz großen Errungenschaften der Naturwissenschaften schleichend kommen, nicht so wie zum Beispiel die Mondlandung: In drei Stunden setzt Neil Armstrong seinen Fuß auf den Mond. Von der Marslandung wird zwar viel geredet, aber bis da irgendwer am Mars landet, wird es noch lange brauchen.

In unserer aktuellen Ausgabe beschäftigt sich UNIMAG schwerpunktmäßig mit der Prüfungsvorbereitung. Welche Tipps haben Sie für unsere Leser? Wie bereitet man sich am besten auf Prüfungen vor?
Ich habe festgestellt, dass viele Studierende aufgehört haben, miteinander die Fragen der Vorlesung zu diskutieren, seitdem die Studiengebuhren gekommen sind, auch wenn sich da wieder viel verandert hat. Viele fahren nach der Uni heim und sagen „Zack, wir müssen schnell sein“. Ich behaupte sogar, dass ich mit meinen Kommilitonen im Kaffeehaus, als wir die Vorlesung durchdiskutiert haben, am meisten gelernt habe. Und das ist etwas, das mir heutzutage abgeht. Die meisten Studenten, so kommt es mir vor, diskutieren heute weniger, als es damals der Fall war. Und das würde ich heute nicht als Prüfungsvorbereitung, sondern als wichtigen Punkt für den Abschluss des Studiums bezeichnen.
Das Zweite wäre, rechtzeitig mit dem Lernen zu beginnen, aber seien wir uns ehrlich, das hat noch nie funktioniert. Was aber hier ein heißer Tipp ist – das mache ich auch und kann es sehr empfehlen: Wir hatten so eine Periode, vier Stunden lernen, vier Stunden schlafen, vier Stunden lernen, vier Stunden schlafen. Das halt man aus. Man muss bloß mal in den Rhythmus kommen. Was ich dann immer gemacht habe, war, heißen Tee 30 Sekunden lang ziehen zu lassen und sechs bis acht Stück Würfelzucker hinzuzugeben. Das habe ich mir zum Munter werden reingezogen. Koffein und Zucker, ROOOAAAARRRR! Nach zwei Stunden habe ich das noch einmal gemacht. Dann nach den vier Stunden – auch wenn man glaubt, man konnte noch weiterlernen – muss man beinhart aufhoren, weil dann das Gehirn nicht mehr uber die nötige Speicherkapazitat verfugt.

Für „Science in Films“ klopfen Sie unter anderem den Film „Star Wars“ auf seinen Wahrheitsgehalt ab. Welches Gadget aus dem Film würden Sie sich für Ihren Alltag wünschen?
Ein Lichtschwert – aus den folgenden Gründen: Sie konnen es als Taschenlampe verwenden, Sie konnen Tee damit kochen, Sie konnen damit Pizza super lassig zerschneiden. Außerdem können Sie sich verteidigen, und eine Flasche Bier damit aufmachen, weil sich auf der hinteren Seite ein Flaschenoffner befindet.

Außerdem kann man damit Toastbrot schneiden und es wird dabei gleichzeitig gebacken…
Sehen Sie? Kein Witz: Man könnte rein theoretisch ein richtiges Lichtschwert bauen. Nur wäre das leider nicht so kompakt. Sie könnten es zwar mit einem Griff halten, nur im Hintergrund bräuchte man drei Kubikmeter Energiegeneratoren. Aber es würde tatsächlich funktionieren.

»Es ist unsinnig, zwei Monate Sommerferien zu haben«

Apropos Zukunft – Wie glauben Sie, werden Universitäten in Zukunft aussehen?
Für mich ware wichtig, dass man sich uberlegt: „Bauen wir unser Schulsystem in Osterreich nach aktuellen neurowissenschaftlichen Grundlagen auf?“ Wir wissen heute, dass Sprachlernen bis zum sechsten Lebensjahr wie das Lernen einer Muttersprache funktioniert. Deshalb sage ich ganz provokant: Schmeißt alle Englischlehrer raus und lasst sie im Kindergarten unterrichten, verpflichtend ab dem dritten Lebensjahr bis zum sechsten Lebensjahr Englisch und Deutsch. Ich meine damit nicht Unterricht, sondern spielerisch und die Kinder lernen das ganz automatisch. Es funktioniert, das wissen wir. Man würde damit auch wahnsinnig viel Geld sparen. Wir wissen auch zum Beispiel, dass es unsinnig ist, zwei Monate lang Sommerferien zu haben. Das ist noch aus der Maria Theresien Zeit, wo die Kinder am Bauernhof Käferklauben helfen mussten. Wir wissen auch, dass der Schulbeginn um 8 Uhr problematisch ist. Jeder Neurowissenschaftler wird sagen „Fangt nicht vor 9 Uhr an“. Vielleicht sogar eher um halb 10. Und das sind erst die Grundlagen.

Was stört Sie im universitären Bereich?
Es gibt zwei Dinge, die mir auf den Nerv gehen. Das Erste ist, dass jeder schauen muss, dass er viele Paper zusammenbekommt. Das halte ich für den größten Schwachsinn. Ich habe selbst wenige Paper veröffentlicht, aber jedes davon hat mindestens einen Forschungspreis gewonnen. Das heißt, wir sollten mehr auf Qualität gehen, weil ehrlich gesagt: Jedes Paper, das Blodsinn ist, kostet Zeit – namlich auch für den, der es lesen muss. Das Zweite, was ich massiv verändern würde am österreichischen Universitätssystem, wäre die Fördervergabe. Zurzeit läuft es so, dass man eine eingereichte Forschungsarbeit begründen muss und Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland die Arbeit beurteilen. Um es direkt und brutal zu sagen, genau meine Konkurrenten beurteilen meine Arbeit. Das finde ich nicht lässig. Und noch dazu braucht der gesamte Vorgang ein dreiviertel Jahr bis zu einem Jahr. Ich finde es nicht lässig, dass meine Konkurrenten das wissen und ich finde es nicht lässig, dass das länger braucht, als meine Konkurrenten vielleicht schon arbeiten können.

Und wir haben in Österreich den ganz großen Nachteil, dass wir nicht personentechnisch und ressourcentechnisch so gut ausgerüstet sind, sodass ich dieses eine Jahr einfach durch Manpower in den Griff bekomme. Deswegen gibt es eine einfache Losung, die vom MIT vorgeschlagen wurde. Das MIT vergibt jetzt seine Fordermittel und das sind auch nicht irgendwelche Wurschtel – Uni-Ranking Platz 3 weltweit. Die gehen her und sagen: Es muss Formalkriterien gwiben, die von ehemaligen Professoren überprüft werden. Dann gibt es alle vier Wochen eine Lotterie. Und diese Lotterie kann ich dann aufteilen in Projekte mit weniger oder mehr Fördergeld.

Stellen Sie sich die Gaußsche Glockenkurve vor. In der Gaußkurve arbeiten die meisten gut, die extrem guten Arbeiten sind ganz vorne und die extrem schlechten sind ganz hinten. Durch das Advisory Board kappe ich die extrem guten und die extrem schlechten. Durch die Lotterie habe ich beide dabei, aber eben halt auch die extrem guten. Auf die extrem schlechten, Pech gehabt, die rutschen durch, aber ich verliere nicht die extrem guten. Das Einzige, das dann entscheidet, ist Gluck. Ich kann ja eh immer wieder einreichen. Und vor allem, das klingt jetzt blöd, aber meine Konkurrenz geht das nichts an. Das sind meine Konkurrenten. Es wird immer so getan, als wären wir die große Gemeinschaft der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Nein! Wir haben schon Kämpfe in Österreich. Mit so einer Lotterie unter notarieller Aufsicht und geht schon. Es ware auch wichtig, Quoten einzufuhren, damit nicht einer hundert Arbeiten einreicht und damit die Chance erhöht, gezogen zu werden.Das MIT hat das Konzept gut ausgearbeitet.

Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Was ich persönlich jetzt wieder gerne machen würde, ist Wissenschaft, ganz gewöhnliche ordinäre Wissenschaft. Ich habe jetzt relativ viele Überstunden und Urlaubstage beieinander und könnte mir durchaus vorstellen, dass ich für ein halbes Jahr sage: So, jetzt bin ich mal Gastprofessor in China. So etwas würde ich gerne machen. Das Problem ist, dass ich jetzt zweieinhalb Jahre im Planetarium nicht dazu gekommen bin, ein sinnvolles Paper zu schreiben.Wissenschaft, in der Offentlichkeit umherhupfen und gleichzeitig noch das Management vom Planetarium – weil Planetarium ist Management, das hat mit Naturwissenschaft wenig zu tun – und Science Busters … Das sind einfach schon sehr viele Dinge gleichzeitig. Auch wenn ich alle vier Dinge sehr gerne mache, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man sagt: Jetzt wurde ich gern wieder Wissenschaft betreiben.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!

[Anmerkung der Redaktion] Das Interview entstand kurz vor dem Ableben von Heinz Oberhummer. „Es war ihm wichtig, nicht nur als Physiker gut zu sein sondern auch auf der Bühne – und das hat er geschafft“, so Gruber zum Tod seines Kollegen.

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