ZiB2-Anchorman Armin Wolf über seine 40-semestrige Studienzeit, sein legendäres Interview mit Frank Stronach und den Eurovision Song Contest.

UNIMAG: Wenn Sie an Ihre Studienzeit zurückdenken: Können Sie einen Vergleich von damals mit einer Uni im Jahre 2015 ziehen?
Armin Wolf: Das ist deshalb so schwer zu sagen, weil ich wahnsinnig lange studiert habe. Bis zur Promotion waren es 40 Semester. Es gibt also nicht die eine Studienzeit, die ich vergleichen kann. Als ich 1985 Politikwissenschaft an der Uni Innsbruck zu studieren begann, war das der erste Jahrgang, der regulär Politikwissenschaft studieren konnte. Es war ein familiäres Mini-Institut mit 70 Studierenden, jeder kannte jeden. Sehr viele Jahre später hab ich an der Uni Wien meine Diplomarbeit geschrieben. Als ich dann in Innsbruck promovierte, waren es mehr als 2.000 Studierende. Und nachdem ich immer nebenher studiert habe und nie Vollzeitstudent war, fehlt mir der Vergleich. Dennoch muss ich schon sagen, dass ich kein großer Fan der Bologna-Reform, der Studienplan-Diskussion und der Verschulung von Unis bin… ich glaube, wir hatten es damals doch viel lustiger auf der Uni.

Stichwort Bologna. Haben Sie die Studierendenproteste von „Uni brennt“ gutgeheißen?
Ich bin politischer Journalist im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Wir haben über die Proteste berichtet, aber ich unterstütze nie öffentlich irgendwelche politischen Proteste, weil das bei meinem Job völlig unpassend wäre. Und zwar völlig unabhängig davon, was ich persönlich darüber denke. Ich unterschreibe auch keine Volksbegehren und sage auch nicht öffentlich, was ich wähle.    

Weil Sie sagten, Sie waren nicht Vollzeitstudent. Was haben Sie während des Studiums gearbeitet?
Ich war immer beim ORF. Am Tag nach der schriftlichen Matura habe ich im Landesstudio Tirol angefangen und bin seitdem da.

Wollten Sie immer schon Journalist werden?
Nein. Erst wollte ich Bankbeamter werden, deswegen die Handelsakademie. Dann wollte ich an der HAK Lehrer werden, dann Uni-Professor für Politikwissenschaft. Irgendwie musste ich mir das Studium finanzieren und bin deshalb zum ORF gegangen. Sehr schnell habe ich aber mehr gearbeitet als studiert….

»Ganz großen Arschlöchern möchte ich kein Podium im Studio bieten«

Sie sind bekannt dafür, dass Sie Ihren Interviewpartnern unbequeme Fragen stellen – hatten Sie jemals ernsthaft Sorge um Ihren Job und gab es negative Rückmeldungen auf Interviewsituationen?
Sorge hatte ich noch nie, denn wenn ich nicht mehr beim ORF arbeiten würde, dann eben woanders. Ich bin da ziemlich angstfrei. Rückmeldungen gab es unterschiedliche: Ein längst pensionierter Staatssekretär hat mich mal unmittelbar nach dem Interview für rund zwei Minuten mit hochrotem Kopf angebrüllt, was denn das für eine wahnsinnige Schweinerei war. Frank Stronach schimpfte gleich nach dem Interview in seinem breiten Akzent: „Du hascht aber schon sehr dumme Fragen geschtellt“. Und der Bundeskanzler hat mir nach dem Sommergespräch 2012 sehr, sehr lange kein Interview mehr gegeben. Einmal, nach einem Interview mit dem ehemaligen Finanzminister Grasser, meinte der damalige Chefredakteur, es hätte eine Sitzung gegeben, ob ich die nächste Sendung noch moderieren darf, weil der ORF nicht wolle, dass seine Gäste so behandelt werden… Ich hab dann trotzdem wieder moderiert und das ist jetzt auch schon wieder neun Jahre her.

Apropos Frank Stronach: Wir haben uns für die Vorbereitung nochmals das legendäre Interview von 2012 angesehen…
Sie sind vergnügungssüchtig…

Wir haben es aber nicht bis zum Ende durchgehalten…
Ich hatte keine Wahl, ich konnte ja schwer aufstehen und gehen…

Kamen Sie dabei irgendwann ins Schwitzen oder wollten Sie das Interview tatsächlich abbrechen?
Ins Schwitzen kam ich nie. Das Interview sieht aufregender aus, als es tatsächlich war. In Wahrheit war mir nach einer Minute klar, dass das ein YouTube-Schlager wird und ich praktisch nichts mehr falsch machen kann. Nur wenn ich ihm eine runtergehaut hätte, hätte ich mich noch absurder benommen als er. Dennoch war klar – und ich habe es ihm auch mehrmals gesagt – dass wir ihm den Ton abdrehen würden, wenn er mich keine einzige Frage stellen lässt. Weil es einfach nicht geht, dass jemand das Studio und 600.000 Zuseher für zehn Minuten in Geiselhaft nimmt und macht, was er will. Wenn ich nicht dazu gekommen wäre, irgendwann auch Fragen zu stellen, hätte ich auch tatsächlich das Interview abgebrochen. Das ist noch nie vorgekommen in der ZIB 2 und wäre ziemlich extrem gewesen. Geschwitzt habe ich aber gar nicht, im Gegenteil: Es war sehr schnell klar, dass das jetzt ein denkwürdiger Fernsehmoment wird.

Haben Sie schon Interviews abgelehnt? Bzw. wen würden Sie nicht interviewen?
Wir diskutieren, wer ins Studio kommt, und es gibt auch Politiker, die sich aktiv für ein Interview anbieten. Da habe ich auch schon gelegentlich gesagt, den finde ich heute nicht so spannend, gibt es heute niemanden Interessanteren? Es gibt aber auch Gäste, die ich verweigern würde, Anders Breivik zum Beispiel. Ich würde auch keine Neonazis oder Kinderschänder interviewen oder den Mann, der seine ganze Familie in Amstetten in den Keller gesperrt hat. Ganz großen Arschlöchern möchte ich kein Podium im Studio bieten.  

Sie sind gerade auch bei jungen Zusehern äußerst beliebt. Wie erklären Sie sich Ihre Popularität als Nachrichtensprecher bei den jungen Erwachsenen?
Das höre ich gelegentlich, kann es aber nicht messen. Wenn es so ist, freut es mich natürlich. Vielleicht liegt es daran, dass mich ein nicht so kleiner Teil jüngerer Leute von ungewöhnlicheren Dingen am Ende der Sendung kennt, die man auch auf YouTube findet. Und weil ich auf Social Media relativ aktiv bin. Ich fürchte, damit hat es mehr zu tun als mit meiner Arbeit in der ZIB 2.

Sie haben auf Twitter 164.000 Follower und auf Facebook mehr als 190.000 Fans. Hätten Sie bei Ihrem Einstieg in die sozialen Medien je mit so einem enormen Erfolg gerechnet?
Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie das funktioniert. Auf Twitter bin ich für österreichische Verhältnisse sehr früh eingestiegen, als es nur eine sehr kleine Community an Nerds und digitalen Auskennern nutzte. Ich konnte überhaupt nicht abschätzen, wie das funktioniert. Das hat mich überrascht. Die Überlegung dahinter war, auf einem Medium, auf dem Junge sind, die nicht mehr so viel fernsehen, Werbung für die ZIB 2 zu machen. Damals war Facebook noch recht neu in Österreich und es gab noch keine Fanpages, sondern nur persönliche Profile. Ich hatte das Gefühl, dort Werbung zu machen ist eher unpassend, weil alles sehr persönlich und privat gewirkt hat. Das ist heute natürlich ganz anders. Bei den US-Präsidentenwahlen 2008 habe ich dann Twitter kennengelernt und dachte mir, das ist doch lustig, das probiere ich mal. Das war die Überlegung dahinter, geworden ist es dann was ziemlich anderes. Ich versuche schon auch noch ein bisschen Werbung für die ZIB 2 zu machen, aber auf Twitter ist mittlerweile für mich viel wichtiger, was Andere schreiben, als dass ich selbst schreibe. Es ist mein wichtigster Informationskanal geworden. Und es ist ein wichtiges Dialogmedium. Das ist sicher auch ein Grund, warum es so gut funktioniert: Viele Leute schreiben mir und ich antworte rasch. Anders verhält es sich mit Facebook: Das ist für mich eine reine Publikationsplattform, quasi mein Blog, ich folge auch keiner anderen Seite. Auf Facebook sende ich nur. Aber es sind einfach so viele Leute auf Facebook, dass ich mit dem Lesen der vielen Kommentare nicht mehr nachkomme. Darum poste ich wenig. Ich habe schnell mal 600 Kommentare unter einem Posting und die muss ich alle lesen, weil ich nicht zulassen kann, dass jemand auf meiner Seite politische Propaganda macht oder jemanden verleumdet.  Deshalb poste ich auf Facebook im Schnitt einmal pro Woche etwas, auf Twitter aber 20 Mal am Tag. In Facebook bin ich ein bissl hineingestolpert. Wären da nicht fast 190.000 Leute auf der Seite, hätte ich sie schon längst abgedreht, weil es einfach so viel Arbeit ist.

Welche Reichweiten erzielen Sie mit Facebook-Posts?
Das ist unterschiedlich. Ich habe schon Dinge geschrieben, die haben 1,5 Millionen Menschen erreicht. Irgendein Posting hat mal über 4 Millionen erreicht. Zum Vergleich: Die ZIB 2 hat cirka 600.000 Zuseher, was eh schon recht viel ist. Deshalb behalte ich die Seite auch, obwohl sie mich viel Zeit kostet.

Wieviel Zeit verbringen Sie im Durchschnitt in sozialen Medien?
Unterschiedlich, manchmal mehr, manchmal weniger, aber bestimmt rund drei Stunden täglich. Davon sicher 90 Prozent auf Twitter.

Wenn man Kommentare im Internet liest, sei es auf Facebook oder sonstigen Seiten, hat man sehr oft das Gefühl, dass die Welt hauptsächlich aus Trotteln besteht. Moderieren Sie wirklich alle Kommentare auf Ihrem Facebook Auftritt selbst?
[Armin Wolf deutet auf seinen Schreibtisch und sagt] Wenn Sie da nicht noch jemanden unter dem Tisch finden, dann sag‘ ich euch: Das ist mein Social Media Reich, größer ist es nicht und mehr Personal hat es nicht. Das mach‘ alles ich, leider. Und die Mehrheit der Leute besteht natürlich nicht aus Trotteln, aber möglicherweise ist ein gewisser Prozentsatz von Leuten, die online alles kommentieren müssen, sozial auffällig. Und dass man recht unmittelbar Reaktionen bekommt, bestärkt diese Leute wohl auch noch. Aber die gab es ja vorher auch schon. Vor Facebook & Co. trafen sie sich im Wirtshaus, haben sich angesoffen und Unsinn vor sich hingeredet. Jetzt können sie alles ins Internet schreiben und es fällt auf. Ich glaube nicht, dass es mehr seltsame Menschen gibt als früher, man sieht sie nur eher. Aber es ist auch ein selbstgewähltes Schicksal, wenn man sich Kommentare auf bestimmten Seiten anschaut…

Sie moderierten im Mai wieder die Diskussionsrunde zur ÖH-Wahl. Wo gibt es das angenehmere Diskussionsklima? Bei den Nachwuchspolitikern in der ÖH oder bei den Ministern?
Da ist nicht so viel Unterschied. Das Problem bei der ÖH-Diskussion ist, dass so viele Leute am Podium sitzen, was die Debatte schwierig macht. Das letzte Mal hatten wir 10 oder 11 Kandidierende, weil wirklich jeder mitdiskutieren darf, der bundesweit antritt. Es gibt beispielsweise zwei kommunistische Gruppen – der normale KSV und KSV-Lili – oder den RFS, die alle nur ein Mandat haben, aber mit AG, VSStÖ und GRAS gleichberechtigt am Podium sitzen. Das macht es etwas mühsam… Die Diskussionen sind erstaunlich aggressiv und teilweise erschreckend ähnlich wie mit 30 Jahre älteren Profi-Politikern vor irgendwelchen Wahlen. Zwei Kandidatinnen, die in den letzten Jahren bei den ÖH-Diskussionen am Podium saßen, sind jetzt im Nationalrat oder kommen bald hin – ich bin nicht überrascht. Bei einer Diskussion habe ich mal gesagt, manche von Ihnen werde ich wohl in ein paar Jahren im Parlament wiedertreffen, und alle haben völlig empört erklärt: Sicher nicht. Eine davon war Sigrid Maurer. Heute ist sie Wissenschaftssprecherin der Grünen im Nationalrat.

Haben Sie auch schon überlegt in die Politik zu gehen?
Zuletzt mit 15. Ich habe meine Dissertation über prominente Quereinsteiger geschrieben – den meisten meiner Kollegen ist es da nicht sehr  gut ergangen, mir würde es genau so schlecht ergehen. Ich habe deutlich mehr Talent, Politik zu beobachten und zu analysieren, als sie selbst zu machen.  

Über Armin Wolf als Privatperson ist kaum etwas bekannt…
Gut so! Und so soll es auch bleiben!

… wie würden sie einen privaten Steckbrief über sich selbst verfassen?
Armin Wolf, 48, ZIB 2-Moderator

Vielleicht Eigenschaften, die Sie beschreiben?
48 Jahre alt, 1,82 groß, 78 Kilo. Und 15 Dioptrien.

Wow, 15 Dioptrien ist echt viel, ich habe zweieinhalb…
Amateur. [lacht]

Bei den Vorbereitungen auf das Interview haben wir gelesen, dass Sie Ihre gesamte CD-Sammlung via iTunes synchronisieren. Was haben Sie heute auf dem Weg zur Arbeit gehört?
Ich höre meistens Ö1 und hauptsächlich klassische Musik. Durch unseren Sohn bekomme ich auch aktuellen Pop und Rock mit, aber keine Ahnung wie die Bands heißen.  

Stichwort Musik – der Eurovision Song Contest findet ja schon bald in Wien statt. Wie wichtig halten Sie Veranstaltungen wie den Vorentscheid für die österreichische Musikszene?
Ich fürchte, ich kann dazu ähnlich viel Substanzielles sagen wie über die österreichische Sportszene, nämlich nix. Ich kenne mich einfach nicht aus. Ok, ich weiß dass es Wanda gibt, und Bilderbuch und beim Songcontest jetzt The Makemakes. Fragen Sie mich lieber über Oper und Theater [lacht].

Werden Sie sich den Song Contest anschauen?
Letztes Jahr habe ich geschaut, weil ich die Entscheidung, Conchita Wurst nach Kopenhagen zu schicken, sehr mutig und auch richtig fand und mich interessiert hat, wie das funktionieren würde. Ich habe mich auch über den Sieg gefreut, weil es ein sehr schönes Zeichen war. Heuer werde ich auch zuschauen, weil es für den ORF wirklich ein Riesending ist, aber hingehen werde ich nicht. Man muss es auch nicht übertreiben.

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