»Ich bin genauso blöd wie alle anderen«

Michael Mittermeier steht mit seinem neuen Programm WILD erneut auf der Bühne und bringt die Leute mehr zum Lachen denn je. UNIMAG traf den Meister der internationalen Comedy zum Interview.

UNIMAG: Was war das Wildeste, das du in deiner Studienzeit gemacht hast?
Michael Mittermeier: Gemacht habe ich normale Dinge wie alle: Gscheidt gefeiert und mit Studienbeginn bin ich praktisch mit meinen Programmen auf Tour gegangen. Insofern habe ich da auf den Touren viel erlebt. Denn ich habe zwar studiert, aber hatte ja kein Ziel. Ich beendete das Studium, aber ich habe nur studiert, weil es ein guter sozialer Ausgleich zum Touren war. Das Studium an sich war für mich nicht so existent als Student. Ich war immer ein praktischer Mensch und nicht so der Theoretiker.

Hat sich das Studium auf die Karriere ausgewirkt oder hätte es ohne Studium vielleicht ganz anders ausgesehen?
Dann hätte ich es viel leichter gehabt (lacht). Studium und Beruf sind schon eine Doppelbelastung. Ich habe auf der Uni nur jene Kurse absolviert, die mich auch interessiert haben. Ich war quasi der Feinschmecker. Da ich Politik, amerikanische Kulturgeschichte und Zeitungswissenschaften studiert habe, sind das dann doch drei Bereiche, von denen du sagen kannst, dass du das ein oder andere auch für die Bühne brauchen kannst. Aber wenn ich nicht studiert hätte, wäre es auch nicht anders gelaufen mit meiner Karriere. Ich hätte mir etwas leichter getan, weil es manchmal schon stressig war. Da ist man von irgendwo spät hergekommen und dann musstest du früh aufstehen, um in eine Vorlesung zu gehen. Da denkst du dir: Kruzifix, jetzt war ich gerade vier Tage unterwegs. Deshalb hören die meisten ja auch auf. Es gibt ja kaum einen Comedian, der ein Studium beendet hat. Ich kenne wenige.

Niavarani jammert zum Beispiel immer, dass er keine Matura hat, nur eine Ehrenmatura.
Der hat keine Matura? Echt? Da muss ich mal mit ihm reden, weil das hat er mir nicht erzählt.

Wäre es dir im Nachhinein lieber gewesen, gleich gar nicht zu studieren?
Nein das nicht. Im Nachhinein bin ich natürlich froh, dass ich es fertig gemacht habe, weil es mich sicherlich auch gebildet hat. Man war auch nah dran am ganzen Geschehen, da man auch über politische Gegebenheiten recherchiert und sich informiert hat. Natürlich, am Ende des Tages war es besser, dass ich es gemacht habe. Für das Weiterkommen in der Karriere hat es nichts gebracht, aber persönlich war es sicherlich nicht so schlecht.

Im neuen Programm WILD sprichst du auch über die Flüchtlingssituation. Ist es dir sehr wichtig, dass das Programm auch inhaltlich etwas an Mehrwert bietet und nicht nur der reinen Unterhaltung dient?
Naja, mir ist es schon wichtig, ob es jemand ernst nimmt oder nicht. Wenn ich ehrlich bin, ist mir das nicht egal, aber im Endeffekt muss es jeder für sich selbst entscheiden. Ich bin jetzt keiner, der dann sagt: „Ihr müsst jetzt alle daheim nochmal darüber nachdenken!“, sondern wenn jemand reingeht und zweieinhalb Stunden Spaß hat, dann rauskommt und sagt: „Boah, ich hab abgelacht“, dann ist das auch gut. Noch besser ist natürlich: „Boah, da waren ein paar gute Informationen drinnen, da denk ich jetzt mal drüber nach.“. Ich spreche diese Dinge an, weil es mich beschäftigt. Aber ich bin jetzt nicht einer der Kabarettisten, die mit dem Finger zeigen. Das bringt eh nichts, weil es hört keiner zu. Der Wechselwähler geht ja gar nicht ins Kabarett, weil die sagen: „Was will ich mit den Linken“. Bei Comedy hat man ein breitgestreutes Publikum und wenn du denen dann die Politik eigentlich noch härter servierst als im Kabarett… Ich mach’s halt persönlicher und hab eine Haltung, die ich ganz offen vermittle, ohne dass ich sage: „Ja, der ist blöd…“, sondern: „Nein, ich bin genauso blöd wie alle anderen.

Du spielst als einer der wenigen Comedians auch in englischsprachigen Ländern. Ist das eine besondere Herausforderung?
Die Programme sind im Moment noch fifty-fifty. Also 50 Prozent, die nur auf Englisch geschrieben sind und der Rest ist aus den Programmen übersetzt. Ich will schon irgendwann dorthin kommen, dass ich mehr von dem, was ich hier auch mache, auch im Ausland spielen kann. Es ist einfach schade, denn der Aufwand ist immens und es ist eigentlich nur ein sprachliches Problem.

Spielen da gesellschaftliche Barrieren auch eine Rolle?
Ja, der Punkt ist natürlich der: Leute wie Bill Burr oder Louis CK sind es mehr gewohnt, etwas zu machen, das auf der ganzen Welt gehört werden kann. Es gibt zwar immer noch einen Unterschied, denn der amerikanische Comedian muss nicht erfolgreich in England sein und umgekehrt. Da ist noch eine große Mauer dazwischen, aber das hat oft was mit der Attitüde oder mit den Themen zu tun. Wenn Louis CK eine politische Nummer über die Weltlage macht, dann kann er die überall machen. Ich kann schon eine Flüchtlingsnummer im Ausland bringen, aber mit den Feinheiten von der AfD oder FPÖ wird’s schwierig, die kennt keiner.

»Humor ist etwas Weltübergreifendes und ist auch eine Waffe im Kampf gegen Blödheit und Borniertheit und politisch Rechte.«

Was ist deine Motivation, für englischsprachige Länder Nummern zu schreiben?
Das große Ziel ist, dass ich irgendwann ein Programm mache, das auf Englisch genauso ist wie auf Deutsch. Was auch schon funktioniert, man muss halt voll daran arbeiten und übersetzen. Das englische Blackout-Programm ist nicht unlustiger als das Deutsche, aber die Herausforderung ist eigentlich, dass du wieder bei null anfängst.

Ich muss zugeben, dass ich Blackout als einziges deiner Programme noch nicht gesehen habe…
Das Programm gibt es inzwischen auf DVD. Wer es also verpasst hat…

Warum verstehen sich Bayern und Österreicher so gut?
In der Theorie sieht der Bayer seine Landesgrenzen und nicht die deutschen Grenzen. Also er blickt auf die bayrische Grenze und dann sind wir ja ein ähnlich großes Land wie Österreich, ungefähr. Wir sind auch ein kleines Land in dem Sinne. Zwar ein Land im Land, aber trotzdem. Außerdem liegen wir sprachlich sehr nah beieinander. Wir hören uns ja ähnlich an, sag ich mal, und wir verstehen uns auch. Ich meine, wenn du hardcore Wienerisch sprichst: Das kannst du in München machen, aber wenn du das in Hamburg machst, verstehen die Leute nur die Hälfte, wenn überhaupt. Insofern sind wir natürlich eine Schicksalsgemeinschaft. Also zwei sprachbehinderte Nationen, die nicht wirklich Deutsch sprechen und sich die Hände reichen müssen.

Was konntest du aus den Erfahrungen in Amerika für das aktuelle Programm mitnehmen?
Ich glaube, dass das Programm dadurch sehr geprägt wurde, ergänzt durch meine bayrische Wurzeln. Ich nehme mit, was man sieht. So, wie ich das spiele, gibt es wohl wenige in Deutschland oder Österreich. Und das hat schon auch die ganze Erfahrung oder die Inspiration aus dem Ausland. Manche Nummern gehen schon an ihre Grenzen. Der normale Kabarettist würde hier so eine Schießnummer nicht machen, in der er sagt: „Freilich, wäre schön, wenn wir die Frauen jetzt auch erschießen, weil dann ist es ja Gleichberechtigung, aber bitte dann die Kinder auch.“ Das ist jetzt eine Nummer, die im Kabarett nicht gehen würde, weil dann würden manche sagen: „Das geht nicht. Das können Sie nicht machen, weil es politisch nicht korrekt ist.“ Aber ich finde, dass sie politischer korrekt ist als diese ganze Political Correctness, weil das alles langweilig ist. Wenn ich die Tageszeitung vorlesen lassen muss von der Bühne, dann sag ich: „Freunde, und wo ist das Eigenleben?“ Das lernt man halt draußen. Der Spagat ist oft härter, weil keiner wertet im Ausland. Wenn es lustig ist, ist es gut. Wenn es nicht lustig ist, ist es scheiße. So, und das ist das einzige Kriterium. Das haben wir hier noch nicht erreicht. Hier wird immer noch „Ja, ist es denn relevant, ist es denn …“. Scheiß auf Relevanz, wenn eine Nummer gut ist, dann ist sie gut.

Und lachen verbindet ja.
Das sowieso. Und das beste: Engländer lernen über einen Deutschen zu lachen – und zwar, weil er sie zum Lachen bringt, und nicht, weil sie über blöde Klischees lachen. Oder wenn du in Ländern wie Südafrika oder selbst Litauen oder sonst irgendwo bist – ich finde das Wahnsinn. Da sitzen dann 400 Estländer und hauen sich ab und du denkst dir „Wahnsinn!“. Völlig andere Kultur und ich hab keine Ahnung, was genau hier jetzt eigentlich abläuft. Das ist schon etwas Tolles. Humor ist etwas Weltübergreifendes und ist auch eine Waffe im Kampf gegen Blödheit, Borniertheit und politisch Rechte.

Hast du Angst, dass dir irgendwann die Ideen für neue Programme ausgehen?
Ich schreibe heute mehr Nummern als damals. Ich arbeite mit einem Ko-Autor zusammen und arbeiten wie bei einem Ping-Pong-Spiel zusammen. Mein Programm könnte auch eine Stunde länger gehen. Mir fällt auch immer wieder was ein. Gib mir vier Wochen, dann spiel ich dir ein sechzig minütiges neues Programm.

Wenn du noch einmal die Chance hättest, ein Studienjahr im Ausland zu machen, wo würdest du es am liebsten absolvieren?
Also, ich wäre damals wahrscheinlich nach New York gegangen, denn das war immer meine Lieblingsstadt. 1991 war ich, glaub ich, das erste Mal in New York. Ein Auslandsjahr habe ich leider nie gemacht. Ich würde es aber allen Studierenden empfehlen. Mein 15-jähriges Patenkind geht jetzt beispielsweise ein Jahr nach Irland, ich finde das super! Bei mir wäre es sicherlich Amerika geworden, weil ich einfach einen Hang dazu gehabt habe.  Aber egal, wofür man sich entscheidet – es hilft sehr und nach einem Jahr spricht man besser Englisch als nach zwanzig Sprachkursen.

Erlebe Michael Mittermeier LIVE mit WILD:
11.+12. Oktober 2016: Wien, Wiener Stadthalle F

13. Oktober 2016 Graz, Stadthalle

14. November 2016 Salzburg, Arena

21. November 2016 Linz, Tips Arena

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