Schriftliche Prüfungen sind das regelmäßige Herzstück jedes akademischen Fortkommens. Wenn die Textbögen nach dem Absammeln jedoch aufgrund menschlichen Versagens verloren gehen, zieht meist der Student den Kürzeren. Zu zwei Fällen hat UNIMAG recherchiert, die Betroffenen möchten jedoch anonym bleiben – aus Angst vor Nachteilen während des weiteren Studiums.
Christian Rescheneder (Name von der Redaktion geändert) schrieb gegen Ende Jänner 2011 eine wichtige Prüfung, die Voraussetzung für weitere Lehrveranstaltungen im darauf folgenden Sommersemester war. Prüfung und Institut sind der UNIMAG-Redaktion bekannt. Während der Semesterferien absolvierte er ein lange geplantes Praktikum. So fiel ihm erst gar nicht auf, dass die Note für betreffende Testauswertung nicht im System eingetragen war. Siegessicher war er auf jeden Fall: Die Prüfung verlief sehr gut und war seinem dafürhalten nach auf jeden Fall positiv bestanden.
Semesterplanungsversuch ohne Note
Gegen Ende der Ferien wurde die Semesterplanung fällig. Kurz vor der Anmeldephase der Check und die große Überraschung: Keine Note, keine Information. Eine kurze Rundmail unter Kollegen ergab: Alle Noten bei den Mitstreitern waren bereits eingetragen. Die nächste E-Mail wurde prompt an den zuständigen Professor geschrieben. Ein längerer Schriftverkehr entstand. Das Ergebnis: Weder Rescheneders Prüfung noch ein Eintrag in der Anwesenheitsliste läge vor. Somit könne er an der Prüfung nicht teilgenommen haben.
Vorgefertigte eidesstattliche Erklärung
Während des Briefwechsels wurde der Professor immer ungehaltener und unfreundlicher, bis er den Studenten quasi für einen Termin am nächsten Tag zu sich zitierte. Rescheneder musste daraufhin seinen Semesterurlaub daheim abbrechen und frühzeitig nach Wien zurück kehren. Beim Gespräch mit dem Lehrenden selbst verhielt sich dieser von Anfang an äußerst misstrauisch, unfreundlich und versuchte einzuschüchtern. Höhepunkt war eine bereits vorgefertigte eidesstattliche Erklärung, die dem Studierenden Rescheneder zur Unterschrift vorgelegt wurde. Mit seinem Autogramm solle er bestätigen, dass er an der Prüfung auch wirklich teilgenommen habe. Eine mündliche Belehrung von Seiten des Professors gab es dazu: Konsequenz einer falsch geleisteten Unterschrift wäre Ausschluss von der Universität.
Die darauf folgenden Ereignisse hat Christian so in Erinnerung: Weil er beim Griff zum Kugelschreiber nicht zögerte und sofort seine damalige Anwesenheit – gleichsam amtlich und auf Papier – bestätigen wollte, änderte sich die Stimmung des Professors abrupt: „Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie wirklich unterschreiben“, meinte er und winkte ab. Der Student habe somit den vom Professor offenkundig selbst entwickelten Charaktertest bestanden. Auch die – nun bei besserer Laune – im Anschluss spontan abgelegte mündliche Prüfung verlief durchaus positiv. Da Rescheneder alle Fragen beantworten konnte, wurde eine Eins als Note im Nachhinein eingetragen.
ÖH-Rechtsberatung: „Selber klären“
Obgleich die Geschichte trotz des harten Weges ein Happy End hat, ist die Auskunft der ÖH-Rechtsberatung ernüchternd: Für solche Vorkommnisse wie verlorene Prüfungsbögen gibt es keine andere Möglichkeit, als die Sache intern zu klären und auf das Wohlwollen der Opponenten zu hoffen.
Glimpflich, aber seelisch nicht weniger belastend, ging eine in Grundzügen ähnliche Situation aus, berichtet uns Tatjana Oleschack (Name von der Redaktion geändert). Auch sie nahm an einer schriftlichen Prüfung teil und war verwundert, dass sie als einzige keine Note eingetragen bekam. „Ich war richtig wütend“, so Tatjana: „Der Professor war nicht erreichbar und die für die Eintragung zuständige Dame sagte am Telefon, es sei nicht ihr Problem und legte einfach auf.“
Einen Tag später tauchte nach Rückfrage beim nun antwortenden Professor der Prüfungsbogen auf. Oleschack war erleichtert und eine positive Note wurde eingetragen. Jedoch: Eine Prüfungseinsicht war längere Zeit nicht möglich, da es „Probleme beim Einscannen“ gäbe.
Ende gut – alles gut? Mitnichten, denn: Der Studierende zieht offenbar immer den Kürzeren. Auch Informationen zu Professoren, die zu vereinbarten Prüfungsterminen nicht erscheinen – mit der Folge, dass der Student ein Semester verliert, weil Lehrveranstaltung nicht absolviert – liegen der UNIMAG-Redaktion vor. Das i-Tüpfelchen ist wohl die Prüfungsfrage mit den drei Antwortmöglichkeiten ‚Ja‘, ‚Nein‘ und ‚Ich weiß es nicht‘ – nur für letztere gab es Punkte. Fazit: Egal ob schlechter Scherz, menschliches Versagen oder Gemeinheitsfaktor mancher Professoren und Bediensteten: Alle Studenten, mit denen UNIMAG zu diesem Thema sprach, wollten aus Angst anonym bleiben. Dies stimmt nachdenklich.
UNIMAG-Prüfungs-Pranger
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