Im Interview spricht der Wissenschaftsminister (ÖVP) über die Studienplatzfinanzierung und weitere Platzbeschränkungen, die Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden und er antwortet auf die Kritik seitens der ÖH.

Die Studienplatzfinanzierung ist derzeit wieder in aller Munde. Ganz allgemein gesprochen wird jedem Studienplatz eine gewisse Summe zur Verfügung gestellt. Das hat allerdings zur Folge, dass die Anzahl der Plätze beschränkt ist. Neu ist dieses System nicht; an den Fachhochschulen wird es seit über 20 Jahren praktiziert. Bekanntlich werden in stark nachgefragten Studienrichtungen an den Unis seit einigen Jahren Aufnahmeverfahren durchgeführt, die es aktuell in Medizin, Veterinärmedizin, Psychologie, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Wirtschaftswissenschaften, Architektur, Informatik, Biologie und Pharmazie gibt.

Wie erst kürzlich bekannt wurde, einigte sich die Regierung darauf, ab dem Jahre 2019 den Zugang zu weiteren Studienrichtungen zu beschränken – gemunkelt wird, dass etwa für Jus und Chemie nur eine gewisse Anzahl an Studienplätzen zur Verfügung stehen soll. Während die Universitätenkonferenz (uniko) diesen Vorstoß feiert, hagelt es von der ÖH-Bundesvertretung heftige Kritik.

UNIMAG: Herr Mitterlehner, die Regierung gab kürzlich grünes Licht für weitere Studienplatzbegrenzungen. Diese sollen 2019 kommen. Was konkret bedeutet das?
Wir wollen, dass jede Studienanfängerin und jeder -anfänger Bedingungen vorfindet, die einen Abschluss des Studiums mit hoher Wahrscheinlichkeit und möglichst in der Regelstudienzeit ermöglichen. Die Problematik, die es dabei zu lösen gibt, hat zwei Aspekte: In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Studierenden um rund 40 Prozent bzw. in absoluten Zahlen um mehr als 80.000 Studierende gestiegen; dazu kommt zweitens, dass fast 60 Prozent der Studenten nur 20 von 160 möglichen Studienrichtungen belegen. Von zugangsgeregelten Studien wissen wir, dass die Verbindlichkeit und somit auch der Studienerfolg durch einen geregelten Zugang steigen. Dieser Zusammenhang zeigt sich auch am Beispiel der Fachhochschulen, die eine viel niedrigere Drop- Out Quote haben. Mit der sogenannten „kapazitätsorientieren Studienplatzfinanzierung“ ermöglichen wir also sowohl eine bessere Planbarkeit für Studierende, was die Studiendauer betrifft, als auch eine bessere Betreuungsrelation.

Welche Studienrichtungen sind davon betroffen?

Wir werden uns das im Detail anschauen. Es geht hier wie gesagt darum, Studierende in allen Studienrichtungen optimal zu betreuen. Die Studienplatzfinanzierung ist ein Instrument dafür.

57,4 Prozent aller Studierenden belegen 20 der 160 möglichen Studienrichtungen. Ist anzunehmen, dass all diese gefragten Studienrichtungen beschränkt werden?
Das lässt sich so pauschal nicht sagen, wir werden uns jede Studienrichtung genau ansehen und sorgfältig prüfen. Wir sind bereits in Gesprächen mit dem Koalitionspartner und gehen derzeit mögliche Modelle durch. Klar ist, dass die Zustände in den hochfrequentierten Studienrichtungen nicht länger hinnehmbar sind und Handlungsbedarf besteht. Es kann nicht sein, dass Studierende aufgrund der ungesteuerten Studierendenströme keinen Platz in Vorlesungen bekommen, am Boden sitzen und sich ihre Studiendauer somit unverschuldet verlängert. Das trifft besonders auch Studierende mit weniger finanziellen Ressourcen.

Österreich liegt bei der Akademikerquote der OECD vor Slowenien an vorletzter Stelle. Kann ein Weniger an Studienplätzen dem entgegenwirken?
So paradox es klingen mag, aber manchmal kann „weniger“ auch „mehr“ sein. Parallel mit einem besser geregelten Zugang stellen wir mit der Studienplatzfinanzierung eine verbesserte Betreuungsrelation her. Geregelte Anfängerzahlen bewirken mehr Raum für die Betreuung, was weniger Abbrecher zur Folge hat, dafür aber mehr Absolventen hervorbringt. Zum anderen ist beachtlich, dass Österreich ja bisher einer der wenigen Staaten war bzw. zu weiten Teilen noch ist, in denen keine Form der Zugangsregelungen wirksam wird. Das heißt, die suggerierte Verbindung zwischen Akademikerquote und einem offenen, ungeregelten Hochschulzugang besteht so nicht – dann müsste Österreich nach über 40 Jahren „offener Hochschulzugang“ ja schon ganz vorne liegen. Wenn man sich jene Universitäten anschaut, die qualitativ im Spitzenfeld liegen, dann haben alle eine festgelegte Kapazitätsgrenze und führen in den meisten Fällen auch ein strenges Auswahlverfahren durch.

Im Regierungsprogramm ist auch eine Erhöhung der Studienbeihilfe vorgesehen. Wie soll das Modell aussehen?
Mein Ziel ist die Verbesserung der sozialen Lage der Studierenden – daher habe ich bereits zwei Schwerpunkte für Studierende mit Betreuungspflichten sowie ältere Studierende gesetzt. Nun hat erfreulicherweise auch die gesamte Regierung ein ganz klares Bekenntnis zur sozialen Durchlässigkeit abgegeben. Bis Ende Mai werden wir daher ein konkretes Umsetzungsmodell vorlegen, das wir mit den zentralen Interessensvertretern, also auch mit den Studierenden, vorab besprechen werden. Die Verbesserungen wie z.B. Erhöhung der Einkommensgrenze und Anhebung der Beihilfen für die Studierenden werden dann ab kommendem Wintersemester spürbar sein. Wir werden dazu 25 Mio. Euro jährlich für die Verbesserung des Studienbeihilfensystems in die Hand nehmen.

Steht die Wiedereinführung von Studiengebühren im Raum?
Studienbeiträge sind nicht im aktuellen Regierungsprogramm enthalten und stehen daher derzeit auch nicht zur Debatte.

Laut ÖH-Chefin Lucia Grabetz bedeute Studienbeschränkung eine „aktive Ausgrenzung von Menschen mit geringem Einkommen und nicht-akademischen Background“. Können Sie diese Kritik nachvollziehen?
Nein, denn gerade wenn Studierende optimal betreut werden, ihr Studium genau planen können und zum Beispiel nicht auf spezifische Lehrveranstaltungen wegen fehlender Laborplätze warten müssen, ist ihnen geholfen. Wir sehen diesen Zusammenhang beispielsweise an den Fachhochschulen. Dort haben wir seit 20 Jahren begrenzte Studienplätze und eine bessere soziale Durchlässigkeit als an den Universitäten. Aber auch die Evaluierung des Instituts für Höhere Studien hat uns bestätigt, dass man keinen negativen Effekt von Zugangsregelungen auf die soziale Zusammensetzung der Studierenden ableiten kann. Nichts desto trotz setzen wir aber auch gezielte Maßnahmen, um Diversität an Hochschulen zu fördern. Wir müssen schauen, dass auch Kinder von Migranten, Kinder von Nicht-Akademikern und Leute aus den Bundesländern häufiger studieren. Das Genderthema haben wir mittlerweile im Bereich der Studierenden im Griff. Inzwischen studieren an den Universitäten schon mehr Frauen als Männer. Außerdem haben wir gerade im Rahmen der „Nationalen Strategie zur sozialen Dimension an Hochschulen“ konkrete Handlungsfelder und Maßnahmen gesetzt, die den Studierenden zugutekommen.

Wenn Sie alleine entscheiden dürften: Wie schaut Ihre perfekte Universität/FH im Jahre 2020 aus?
Die Chancen aber auch Herausforderungen von Industrie 4.0 und Digitalisierung erfordern ein differenziertes Hochschulsystem mit entsprechenden Schwerpunktsetzungen. Dazu gehört natürlich auch der Ausbau der Fachhochschulen, bei dem wir unser Ziel der laufenden Legislaturperiode von 50.000 Studierenden bereits frühzeitig erreicht haben und damit nicht zuletzt die Universitäten entlasten können. Wir bekennen uns zu einem freien, aber nicht beliebigen Hochschulzugang und wollen sicherstellen, dass alle Studierenden optimal betreut werden. Die Betreuungsrelation ist dabei ein wesentlicher Schlüssel für die Qualität in Lehre und Forschung.

Im globalen Wettbewerb muss es auch Ziel sein, dass Internationalität noch stärker gelebt wird und die besten Köpfe an österreichischen Universitäten lehren und forschen. Das forcieren wir bereits und haben beispielsweise das sogenannte „Tenure Track“-Modell etabliert. Damit schaffen wir durchgängige Karrieremöglichkeiten von der Assistenten- bis zur Professorenstelle und wollen damit nicht nur die Besten fördern, sondern vor allem auch langfristig im System halten.

Herr Vizekanzler, vielen Dank für das Gespräch!

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