Je dezentraler Energie erzeugt wird, desto anspruchsvoller ist es, sie flexibel und intelligent zu verteilen und in die Netze einzuspeisen. Die kommunalen Stromversorger stehen vor großen Herausforderungen, um eine stabile und sichere Energieversorgung zu sichern. Der Digitalisierung kommt dabei gerade in Zeiten der Energiewende eine enorme Bedeutung zu. IT-Experten, die sich für Energiethemen begeistern können, sitzen deshalb ganz nah an den Schaltstellen aufregender Projekte.

Wer es beim Berufseinstieg gerne spannend und abwechslungsreich haben möchte, ist in der Energiewirtschaft derzeit genau an der richtigen Adresse. Hier sorgten in den vergangenen Jahren gleich mehrere Entwicklungen und Trends für enorme Umwälzungen. Die Liberalisierung des Strommarkts brachte neue Player auf den Markt, die Energiewende macht erneuerbare Energien endgültig salonfähig – und die Digitalisierung der Branche gibt den entscheidenden Schub, um all das bündeln zu können und die Verteilung der Energie intelligent und transparent zu steuern. Gleichzeitig stellt sie ganze Geschäftsmodelle auf den Kopf.

Bewegung in der Energiebranche

Die Bewegung in der Energiebranche war auch für die Wirtschaftsinformatikerin Ruxandra Cindea der Grund, hier einzusteigen: „IT spielt heute fast überall eine bedeutende Rolle. Die Energiewirtschaft ist aber eine besonders spannende Branche, die sich kontinuierlich entwickelt und verändert.“ Der Energieversorger EVN (Energieversorgung Niederösterreich) bot ihr nach dem Studium Aufgaben in ganz unterschiedlichen Bereichen und Projekten: vom Netzbetrieb, der Stromerzeugung und -lieferung über den Mobilfunkbetrieb bis hin zur Wasserversorgung. „Das versprach, nie langweilig zu werden“, sagt die Absolventin der Technischen Universität Wien.

Für das Unternehmen im niederösterreichischen Maria Enzersdorf war Ruxandra Cindea bereits während ihres Studiums als freie Dienstnehmerin tätig und begleitete Projekte in Osteuropa. „Nach meinem Bachelor-Abschluss wurde mir eine Vollzeitstelle in der IT angeboten. Da habe ich nicht lange gezögert und gleich zugesagt.“ Sie startete im Bereich Energiemanagement und durfte eine Applikation betreuen und testen. Unterstützt wurde sie dabei von einem erfahrenen Kollegen, der ihr zur Seite gestellt wurde, und einem Paten, der bei allen organisatorischen Fragen half: „Durch das Onboarding-Programm konnte ich in den ersten Monaten viele neue Kolleginnen und Kollegen sowie die zahlreichen Bereiche der EVN kennenlernen. So war ich sehr schnell in den produktiven Bereichen involviert und hatte schon nach dem ersten Jahr die Gelegenheit, mein erstes IT-Projekt zu koordinieren.“

Energie intelligent steuern

Innovationen und optimierte Prozesse geht die Energiewirtschaft mit Schwung an. Denn um im Umbruch wettbewerbsfähig zu bleiben, gilt es, Kosten wo möglich zu senken und neue Ideen an die Stelle auslaufender Geschäftsmodelle zu setzen. Wenn die Menge des in großen Kraftwerken produzierten Stroms sinkt und der Anteil regenerativer Energien an der Stromerzeugung steigt (hier liegt Österreich innerhalb der Europäischen Union ganz vorne), führt das bei der Menge der in die Stromnetze eingespeisten Energie zwangsläufig zu stärkeren Schwankungen. Dazu kommen Stromkunden aus Privathaushalten und Industrie, die zum Beispiel in eigenen Photovoltaikanlagen selbst Strom erzeugen und überschüssige Energie in die öffentlichen Netze einspeisen. Um dennoch eine stabile und sichere Stromversorgung zu gewährleisten, müssen sowohl die Einspeisung als auch der Verbrauch der Energie entsprechend intelligent gesteuert werden.

Hier kommt die Digitalisierung ins Spiel, etwa in Form von Smart Grids, Smart Metern oder virtuellen Kraftwerken. „Die Energieerzeugung wird dezentraler und immer komplexer, sodass Unterstützung durch IT notwendig ist, um diese Prozesse steuern zu können. Was früher eine Person manuell erledigen konnte, wird heute wegen der hohen Datenmenge und des kritischen Zeitfaktors maschinell bearbeitet. Smart Meter bringen dabei ganz neue Herausforderungen für die IT-Abteilungen der Energieversorger, da die Kunden ihre Daten rund um die Uhr digital zur Verfügung haben möchten, statt auf die Jahresabrechnung zu warten“, erläutert Ruxandra Cindea. Tatsächlich wünschen sich laut der Studie „Der österreichische Energiekunde 2020“ des Beratungsunternehmens Deloitte 60 Prozent der Haushaltskunden eine monatliche Abrechnung. 87 Prozent der Österreicher wollen ihren Energiebedarf mit anderen vergleichen.

Intelligente Stromnetze: Smart Grids, Smart Meter und virtuelle Kraftwerke

Smart Grids sind intelligente Stromnetze, in denen alle dezentral verteilten Akteure miteinander vernetzt sind – von Stromerzeugern über Stromspeicher und Netze bis zum Verbraucher. Daten über Energieerzeugung und -verbrauch tauschen sie permanent automatisch untereinander aus.

Smart Meter sind ein Herzstück dieser intelligenten Stromnetze. Die digitalen Stromzähler machen die Verbrauchsdaten nicht nur für den Energieversorger, sondern auch für den Stromkunden transparent und helfen ihm so, seinen Verbrauch zu steuern. Anders als bei den alten Ferraris-Zählern mit ihren sich drehen Scheiben werden die Daten über den Stromverbrauch automatisch erfasst. Der Netzbetreiber kann so Stromnachfrage und -bereitstellung optimal aufeinander abstimmen – und der Stromkunde kann via Internet oder eine App genau analysieren, wann und wofür er die Energie verbraucht hat.

Virtuelle Kraftwerke bestehen aus einem dezentralen, fernüberwachten System von Anlagen zur Stromerzeugung, Stromspeichern und Verbrauchern. Sie helfen, in Spitzenlastzeiten zusätzliche Kraftwerke zuzuschalten – und zwar immer diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt die geringsten zusätzlichen Kosten verursachen.

Energiewirtschaft und Big Data

Mit diesen Entwicklungen ist auch die Energiewirtschaft längst im Zeitalter von Big Data angekommen, denn die Menge der zu verarbeitenden Daten steigt enorm. Moderne Methoden zur Datenanalyse helfen, effiziente und automatisierte Prozesse einzuführen und so für Einsparungen zu sorgen. Früher oft eher konservativ wirkende Energieversorger wandeln sich zu Datenspezialisten und zu modernen, kundenorientierten Energiedienstleistern. Das geschieht oftmals in enger Kooperation mit der Forschung. „Die Energiewende erfordert innovative Lösungen, die wir gemeinsam mit Universitäten und Fachhochschulen entwickeln, in Feldversuchen testen und bis zur Produktivsetzung bringen“, erklärt Cindea, die bei der EVN heute als IT-Demand Manager und IT-Portfolio Manager tätig ist.

Die 29-jährige IT-Expertin betreut Projekte aus der energiewirtschaftlichen Planung, der Energieerzeugung und dem Vertrieb von Energieprodukten. Hier werden sowohl innovative Projekte als auch Erweiterungen bestehender Prozesse und Systeme umgesetzt. „In diesen Projekten bin ich für die IT-Arbeitspakete verantwortlich und koordiniere die anfallenden Aufgaben. Dabei fungiere ich als Schnittstelle zwischen den Fachbereichen und der IT-Abteilung.“ Besonders reizvoll findet sie die Vielfalt der Projektthemen und das breite Technologiespektrum, das diese abdecken. „Es ist alles dabei: von etablierten Technologien und der Beschaffung großer, komplexer Systeme bis hin zu kleinen Individuallösungen und neuesten Technologie-Stacks, in die man sich einarbeiten muss, um Erweiterungen vorschlagen zu können. Da hat jedes Projekt seinen eigenen Charme“, freut sich Ruxandra Cindea.

Digitale Anforderungen in allen Bereichen

Maria Ziller, Recruiterin der Salzburg AG, erklärt, was IT-Absolventen in die Energiewirtschaft einbringen sollten: „Neben einer abgeschlossenen IT-Ausbildung und Affinität zu neuen Technologien sind für uns Erfahrung im Einsatz von agilen Methoden und Fachkenntnisse wichtig, etwa in Windows, Linux, MySQL, Java, C#, Azure oder im SAP-Umfeld. Auf persönliche Skills wie eine selbstständige Arbeitsweise, Team- und Kommunikationsfähigkeit oder analytische Fähigkeiten kommt es in diesem sehr dynamischen Arbeitsumfeld ebenfalls an.“

Auf digitale Lösungen setzt der Energiedienstleister aus Salzburg in allen Bereichen, bis hin zur Wartung von Staudämmen in Wasserkraftwerken oder von Turbinen. Das soll die Wartungszeiten verkürzen und damit die Betriebs-
zeiten der Anlagen verlängern. Dazu kommen Beteiligungen an Start-ups, die an innovativen digitalen Lösungen arbeiten. „IT-Experten suchen wir für alle Gebiete digitaler Innovation, etwa im Bereich Smart Meter. Dazu gehören zum Beispiel Systemarchitekten, DevOps-Admins, Entwickler oder Projektmanager“, so Maria Ziller. Der Einstieg bei der Salzburg AG ist über ein Traineeprogramm, über Study&Work-Programme während des Studiums oder einen Direkteinstieg möglich. „Dabei sollten sich Studierende und Absolventen für IT-Themen von Energieversorgern begeistern können“, sagt die Personalexpertin.

An Schnittstellen arbeiten

Für Ruxandra Cindea kommt es in ihrer Schnittstellenfunktion bei der EVN darauf an, fachliche Anforderungen in technologische Lösungsansätze zu transformieren. „Dabei muss man sozial kompetent und interdisziplinär als Brückenbauer agieren können. Ich arbeite eng mit Menschen zusammen. Da ist es wichtig, sich schnell auf sein Gegenüber einstellen zu können.“

Als bislang größte Herausforderung beschreibt sie die Neukonzeption eines bestehenden Systems aus dem Bereich des Energiemanagements, um regulatorisch notwendige Meldungen zu veröffentlichen. „Die Applikation dient zur Veröffentlichung börsenrelevanter Informationen, berechnet aus Kraftwerkserzeugungsdaten. Sowohl das Thema als auch die Verknüpfung der beteiligten Systeme waren sehr komplex. Zudem hatte das Projekt einen hohen Stellenwert für unser Management.“ Entsprechend hoch waren im Projektteam Anspannung und Motivation – und das Projekt konnte erfolgreich abgeschlossen werden. „Ich bin heute noch stolz auf das Ergebnis, das wir gemeinsam erreichen konnten“.

Text: Heinz Peter Krieger

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