Der Handel zählt zu den verlässlichsten Arbeitgebern – und zu den beliebtesten Einstiegsbranchen für Hochschulabsolvent:innen. Kein Wunder, denn es warten abwechslungsreiche Aufgabengebiete, Verantwortung von Anfang an, gute Aufstiegschancen und eine Branche im ständigen Umbruch. Wir zeigen, vor welchen Herausforderungen der Handel aktuell steht und welche Karrieremöglichkeiten er bietet.

Für den Handel galt es noch stärker als für viele andere Branchen: Die Folgen der Corona-Pandemie waren für jeden deutlich erkennbar. Verlassene Einkaufsstraßen und geschlossene Ladenlokale waren nicht zu übersehen. Gleichzeitig demonstrierten allgegenwärtige Liefer- und Paketdienste, wie das Online-Shopping boomte und die Handelsbranche veränderte.

Manche Entwicklungen entpuppten sich sogar als positiv. Denn die Pandemie trieb die Entstehung vieler neuer Geschäftsmodelle voran. Manche Ideen, die vorher noch im Ungefähren oder als ferne Zukunftspläne existierten, wurden nun im Rekordtempo realisiert. So sind die Handelsunternehmen mittendrin in dem Prozess, Omnichannel-Konzepte aufzubauen und ihre Kundschaft auf allen Kanälen anzusprechen – ob im stationären Handel oder online.

Inflation frisst Umsatzwachstum

Als sich die Wirtschaft gerade von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholte, sorgte der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine für neue schwere Störungen. Energieengpässe und Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen ließen die Preise und Inflationsraten plötzlich steigen. So konnte der österreichische Einzelhandel für die ersten drei Quartale des Jahres 2022 laut vorläufigen Konjunkturdaten von Statistik Austria zwar ein Umsatzwachstum von 7,8 Prozent ausweisen. Die hohen Preissteigerungen von 8,5 Prozent im gleichen Zeitraum zehrten das Wachstum aber vollständig auf – zu Buche stand ein reales Minus von 0,7 Prozent.

Karriere in der Zentrale oder den Filialen

Die Branche steht also weiterhin vor vielen Herausforderungen und benötigt gut ausgebildete Nachwuchskräfte, um diese zu meistern. Stationärer Handel und Online-Business müssen aufeinander abgestimmt und die verschiedenen Kanäle geschickt miteinander verknüpft werden. Ziel ist, das Online-Geschäft auszubauen und gleichzeitig die stationären Filialen zu modernisieren. Um all das umzusetzen, arbeiten Spezialistinnen und Spezialisten aus verschiedenen Disziplinen zusammen.

Spannende Einstiegsmöglichkeiten bieten sich im Handel in der Zentrale wie in den Filialen, in so unterschiedlichen Bereichen wie Vertrieb, Einkauf, E-Commerce, Finance und Controlling, Logistik, Category Management, (Online-)Marketing, Kommunikation, Human Resources, Recht, Technik oder IT. Gefragt sind deshalb fast alle Studienrichtungen. In der lebendigen Branche winkt außerdem die Chance auf einen raschen Aufstieg. Denn typisch für den Handel ist, das Führungspersonal gerne aus den eigenen Reihen zu rekrutieren.

Früh Verantwortung übernehmen

So werden zum Beispiel Trainees früh auf eine Position im Einkauf oder die Leitung eines Bereichs, Marktes oder Verkaufshauses vorbereitet. Dieses kann etwa im Modehandel mehrere Tausend Quadratmeter Verkaufsfläche aufweisen. Neben der Verantwortung für die Ladenfläche und den Umsatz gehört dann auch die Mitarbeiterführung zu den Aufgaben. Weitere typische Schritte sind der Aufstieg zum Regional- oder Vertriebsmanager oder internationale Karrieren im Einkauf.

So erlebt es auch Vanessa Sansenböker, die derzeit ein Traineeprogramm bei Peek & Cloppenburg am Zentralstandort in Wien absolviert. In den ersten sechs Monaten lernte sie den Verkauf und den Einkauf kennen. „Anschließend durfte ich mich entscheiden, ob ich mich künftig eher im Verkauf oder Einkauf sehe, denn in den letzten etwa zwölf Monaten des Traineeprogramms übernimmt man direkt eine Position in einem der beiden Bereiche.“

Die Entscheidung fiel ihr nicht leicht, aber schließlich wählte sie den Verkauf. „Ich konnte eigentlich keine falsche Entscheidung treffen, da beide Bereiche wirklich spannend sind. Nun bin ich bereits Abteilungsleiterin von ‚Damen Cocktail‘ und ‚Damen Leder Accessoires‘ in unserem Weltstadthaus auf der Kärntnerstraße – und immer noch sehr glücklich mit meiner Wahl.“

Start im Verkauf

Eine Station im Verkauf gehört auch für Hochschulabsolvent:innen fast immer zur Einarbeitungsphase im Handel. Wer im Handel arbeitet, muss die Bedürfnisse der Kund:innen kennen. Direkten oder indirekten Kontakt zu ihnen haben fast alle Beschäftigten. Auch wer eine Funktion in der Zentrale anstrebt, muss deshalb wissen, wie der Verkauf funktioniert. Nur so lassen sich die Prozesse und Systeme im Einzelhandel verstehen und schließlich mitgestalten. Dafür ist es für Young Professionals oft faszinierend zu sehen, was alles im Hintergrund passiert, bis ein Produkt im Regal platziert ist.

Praxisnähe ist im Handel immer erwünscht. Während des Studiums absolvierte Praktika oder Werkstudententätigkeiten in der Branche kommen bei einer Bewerbung ausgesprochen gut an. Das gilt auch für Marketingkenntnisse sowie Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse, denn das Handelsgeschäft findet oft auf internationalen Märkten statt, etwa im Einkauf oder in der Logistik. Teamgeist und Verständnis für Zahlen sind ebenfalls gerne gesehen – und immer stärker Interesse an digitalen Prozessen und entsprechende Vorkenntnisse.

Auf keinen Fall fehlen darf die Freude am Umgang mit Menschen. „Im Modehandel ist es wichtig, dass man sich mit den Produkten und der Mode identifizieren kann und gerne im Kontakt mit anderen Menschen ist“, stellt P&C-Trainee Sansenböker fest. „Unsere Kund:innen setzen auf unsere Beratungskompetenz und Stilsicherheit. Die Meinung der Verkäufer:innen ist ihnen wichtig und bei ihrer Entscheidung auch sehr hilfreich.“

Handelsbezogene Projekte im Studium

Die heute 26-Jährige studierte BWL an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ihrem Bachelor-Studium schloss sie einen „Master of Science in Fashion Management“ an der Pariser Wirtschaftshochschule IÉSEG School of Management an. „So konnte ich mein Wirtschaftswissen weiter vertiefen und gleichzeitig meinem Interesse für Mode nachgehen“, begründet sie ihre Entscheidung. Ihr Interesse für den Handel wurde bereits durch verschiedene handelsbezogene Projekte während ihres BWL-Studiums an der WU geweckt. Nachdem sie vom Traineeprogramm bei P&C erfahren hatte, informierte sie sich im Internet über die Ausbildung: „Ich habe mir jede Folge der Podcast-Reihe ‚Gesprächsstoff by P&C‘ angehört und Erfahrungsberichte von früheren Trainees auf der Website gelesen.“

Ihr Traineeprogramm startete Vanessa Sansenböker im Verkaufshaus. „Dabei lernte ich in drei Monaten den Alltag von Abteilungsleiter:innen, unsere Kund:innen und die Verkaufsorganisation kennen. Anschließend ging es für weitere drei Monate in den Zentraleinkauf. Hier konnte ich einen Einkäufer sowie die Merchandise Controller bei Orderterminen und der Warenbewirtschaftung unterstützen. Bereits aus Kund:innensicht hatte mich die Branche interessiert. Nun sehe ich, was tatsächlich alles dahintersteckt, wie vielfältig sie ist und welche unterschiedlichen Karrierewege möglich sind.“ Ziel des – je nach Vorerfahrung der Trainees – etwa 18-monatigen Programms ist, detaillierte Einblicke in den Verkauf und Zentraleinkauf des Modeunternehmens zu gewinnen.

Online-Handel überwindet 10-Milliarden-Euro-Marke

Eine besondere Herausforderung bleibt der Online-Handel. Laut „eCommerce Studie Österreich 2022 “ des Handelsverbands und des Instituts KMU Forschung Austria wuchsen die Ausgaben der Konsumentinnen und Konsumenten beim Online-Shopping im Vorjahresvergleich um acht Prozent und knackten dabei erstmals die 10-Milliarden-Euro-Marke. Dabei entfielen von den 10,4 Milliarden Euro Umsatz bereits 2,4 Milliarden auf den Mobile Commerce. Das Shopping per Smartphone konnte innerhalb eines Jahres um 20 Prozent zulegen.

Smart Stores und mehr Regionalität

Die Entwicklungen im Zusammenhang der Digitalisierung sind im Handel noch lange nicht abgeschlossen. So werden derzeit kassenlose „Smart Stores“ intensiv getestet. Im E-Commerce zeichnet sich ein Trend zu mehr Regionalität und Nachhaltigkeit ab, etwa durch kürzere Lieferwege. Das ist typisch für die dynamische Branche: Sie bietet immer wieder neue Aufgaben mit guten Karrieremöglichkeiten. So sieht es auch Vanessa Sansenböker: „Ich bin als Abteilungsleiterin bei P&C zufrieden in meinem Job und freue mich über jeden neuen Tag mit neuen Aufgaben und Herausforderungen.“ Perspektivisch möchte sie den Weg in Richtung „General Sales Manager“ gehen. „Als ‚GSM‘ ein Verkaufshaus zu leiten – vielleicht auch im Ausland – würde mich in jedem Fall reizen. In den vergangenen Monaten konnte ich bereits sehr viel lernen und bin gespannt, was mich in der Zukunft noch erwartet.“

Österreich: Land der Supermärkte

Österreich gilt als Land der Supermärkte: Rund 5.300 Supermarkt- und Discount-Filialen sorgen zusammen mit kleineren Lebensmittelgeschäften für eine der höchsten Versorgungsdichten in ganz Europa. Die Discounter setzen dabei auf ein schmaleres Sortiment und niedrige Preise. Mit dieser Strategie erzielten sie im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel zuletzt einen Marktanteil von 27,5 Prozent. Bei den Vollsortimentern geht in dem intensiven Wettbewerb der Trend zu größeren und rentableren Verkaufsflächen und einem größeren Warenangebot.

Von der Konkurrenz im Lebensmitteleinzelhandel profitiert nicht nur die Kundschaft, sondern auch der Arbeitsmarkt: 118.000 Menschen sind allein in den Supermarkt- und Discount-Ketten tätig. Im vergangenen Jahrzehnt gab es dort ein Beschäftigungswachstum von 28 Prozent. Speziell im Vertrieb starten Absolvent:innen häufig in einem Traineeprogramm und lernen das Filialgeschäft mit allen Facetten. Als Filial- oder Marktleiter:innen übernehmen sie früh Verantwortung für Personal und Umsatz, kennen sich im Rechnungswesen aus, platzieren Produkte und koordinieren das vielseitige Filialgeschehen auch in stressigen Situationen. Dafür winkt im Unternehmen anschließend oft eine weitere Karriere im Vertriebs- und Sales Management.

Text: Heinz Peter Krieger

Bilder: svetikd, Paul Bradbury, Lana Nikova – istock.com

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