Die Messehallen zählten in der Coronakrise zu den einsamsten Orten, bestenfalls wurden sie genutzt, um Österreichs Bevölkerung zu testen oder zu impfen. Neue Konzepte wurden entwickelt, insbesondere digitale Job- und Karrieremessen haben für Besucher und Besucherinnen viele Vorzüge.

Ein Job ist keine Modelleisenbahn. Die kleine Diesellok kann man anschauen und anfassen; mit den Augen fasziniert verfolgen, wie sie ihre Bahnen zieht, genüsslich ihrem Töff, töff, töff zuhören. Bei einem Beruf geht das nicht.

Sicherlich hoffen die Veranstalter der Modellbau-Messe in Wien inständig, dass ihr Event trotz aller Corona-Turbulenzen Ende Oktober wirklich über die Bühne gehen kann. Letztes Jahr musste es abgesagt werden.

Karrieremessen haben es da ein wenig leichter. Besucher/innen kommen mit einem konkreten Ziel: spannende Arbeitgeber entdecken, sich informieren oder vielleicht sogar ein konkretes Jobangebot zu erhalten. Ziele, die sie auch auf digitalem Wege erreichen können. Ein großer Teil der Karrieremessen in Österreich ist daher auf Online-Formate umgestiegen.

„Die Situation war für alle Beteiligten eine enorme Umstellung. Personalisten und Personalistinnen mussten erst lernen, mit komplett neu entwickelten Messe-Online-Tools technisch umzugehen“, sagt Ursula Axmann, Geschäftsführerin des ZBP Career Center an der Wirtschaftsuniversität Wien.

„Man ist anonymer als bei einem persönlichen Treffen“

„Die Career Calling Digital Days waren 2020 ein Sprung ins eiskalte Wasser.“ In diesem Oktober will ihr Team das Job-Event aufs nächste Level hieven. Teilnehmer/innen können Arbeitgeber direkt zu einem 1:1-Videochat bitten. Sie können Fragen upvoten, die in einer der Sessions diskutiert werden sollen oder den Unternehmen über ihre Messeprofile eigene Fragen stellen.

„Für Studierende ist es mitunter schon eine Herausforderung, bei einer ‚echten‘ Messe auf Personalentscheider und Personalentscheiderinnen zuzugehen, online fiel das manchen noch schwerer“, hat Axmann festgestellt. „Für andere war die Kontaktaufnahme genau deshalb einfacher, da man doch anonymer als bei einem persönlichen Treffen ist.“

Ein weiterer Vorteil: Digitale Besucher/innen können sich zwischendurch ausklinken, schnell mal einen Mate-Tee trinken und die nächste Folge auf Netflix gucken, und anschließend wieder auf die Messe surfen. Angst haben, dass ihnen zwischen den Messeständen der Handy-Akku ausgeht, müssen sie ebenfalls nicht. Und während sie auf einer Präsenzmesse am Eingang vom Desinfektionsspender begrüßt werden und niemandes Hände schütteln dürfen, fangen sie sich vor dem Bildschirm ganz sicher kein Covid-19 ein.

„Das eigene Online-Profil sollte gut befüllt sein, damit sich Arbeitgeber ein Bild machen können“, rät Axmann den Besuchern und Besucherinnen ihrer Jobmesse. Je mehr Informationen jemand über sich preisgibt, desto größer die Chance, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Aber es gibt auch Parallelen zwischen digitaler und echter Welt. Axmann empfiehlt Besucher/innen, „sich das komplette Angebot ein paar Tage vor der digitalen Messe gründlich anzusehen, einen persönlichen Messe-Fahrplan zu erstellen.“ Außerdem bleibe Pünktlichkeit eine Tugend. Wer zu spät zum vereinbarten Gesprächstermin erscheint, hinterlässt keinen guten Eindruck – auf dem Bildschirm wie am Messestand.

Die Career Calling ist nicht die einzige Karrieremesse, die sich in Coronazeiten neu erfunden hat. Einen hybriden Ansatz verfolgt die Teconomy der Studierendenvereinigung IAESTE im November in Wien.

Kontakt mit Firmenvertreter/innen können die Teilnehmer/innen nur via Monitor aufnehmen. Die Organisatoren hoffen, die letztjährige Teilnehmerzahl von 1.000 eingeloggten Usern dieses Mal verdoppeln zu können. Außerdem stellen sie ein Rahmenprogramm auf die Beine, das schon drei Wochen vor dem eigentlichen Messetermin startet. In physischer Anwesenheit verteilen sie auf dem Campus Messebags, richten Fotoshootings und Workshops aus.

Zweigleisig fährt auch die Universität Graz mit ihrer Messe „Web Excellence“. Am ersten Messetag im November vernetzen sich die Studierenden via Live-Stream mit den Unternehmen, am zweiten treffen sie sie live auf dem Campus.

„Wir werden auf beide Schienen setzen“

Ungeschoren kommen die Jobmessen trotz allem nicht durch die Krise. So fielen der Pandemie in diesem Jahr unter anderem schon der Future Career Day in Linz, die Fairversity in Wien und die Karrieretage für Gesundheitsberufe der Medizinischen Universität Wien zum Opfer. Insgesamt nur 38 Messeveranstaltungen in Österreich zählte die Arbeitsgemeinschaft Messen-Austria im Coronajahr 2020, normalerweise sind es rund 225.

Die Zahl der Aussteller auf der digitalen Career Calling ist derzeit rückläufig. Für die letztjährige Online-Messe listet die Webseite 75 Aussteller auf, für die diesjährige umfasste die Aufzählung Mitte September 58 Aussteller. „Eine Messe lebt natürlich von den persönlichen Kontakten, das ist der Sinn der Sache“, sagt Ursula Axmann. „Aber auch digitale Formate haben viele Vorteile. Wir werden in den kommenden Jahren auf beide Schienen setzen.“

Für andere gibt es keine digitalen Ausweichpfade. Die Vienna Comic Con, die Ende November in der Messe Wien aufschlägt, setzt voll auf kostümierte Fangruppen, E-Sports-Turniere und Stargäste wie Schauspieler Christopher Lambert. Tagestickets kosten zwischen 30 und 60 Euro. Dafür darf man den Highlander aber auch in natura bestaunen – und nicht nur auf dem Monitor.

Tipps für den digitalen Messebesuch

Zeitplan erstellen

Welche Präsentationen, Podiumsdiskussionen oder andere Programmpunkte interessieren dich? An welchen Chats möchtest du teilnehmen?

Videochats üben

Üben, dich online vorzustellen & zu präsentieren: Denn in Video-Chats fällt die Small-Talk-Phase kürzer aus und man kommt schneller auf den Punkt.

Unternehmensliste

Eine Liste der für dich interessanten Unternehmen aufstellen, ihre Websites besuchen und Informationen sammeln.

Fragen vorbereiten

Überlege dir, was dich an den jeweiligen Unternehmen besonders interessiert, welche Fragen noch offen sind. Gute Fragen zeigen Interesse!

Rahmenbedingungen

Sorge für eine ruhige, störungsfreie Atmosphäre und gute Lichtverhältnisse sowie einen unauffälligen Hintergrund.

Technischer Check

Die Internetverbindung muss stabil und der Akku geladen sein. Webcam, Mikrofon und Lautsprecher müssen einwandfrei funktionieren.

Outfit wählen

Auch bei einer virtuellen Messe sollte die Kleidung zur Branche, aber auch zu dir selbst passen – und sich gut vom gewählten Hintergrund abheben.

Notizen machen

Die wichtigsten Fakten über Unternehmen, Ansprechpartner und Jobs direkt festhalten. Es wird dir später helfen, dich an Details zu erinnern.

Nach der Online-Messe

Nach der Messe kannst du dich bei Arbeitgebern in die Bewerber-Datenbank eintragen oder dich direkt bewerben. Beziehe dich auf die Messe.

 Text: Sebastian Wolking

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