Esteban’s will nicht mit seiner melancholischen Musik verwechselt werden. Sich fantastische Geschichten einfallen zu lassen, ist ihm zu blöd. Dafür versteckt er vieles in seinen Texten – so gut, dass er manchmal selbst vergisst, was er sich eigentlich dabei gedacht hat. Er ist den Weg vom Garish-Gitarristen zum Solokünstler gegangen und hat nun sein drittes Album „Overthrown“ veröffentlicht. Wir hatten vor seiner Album Release Show im Wiener TAG die Möglichkeit, mit ihm zu sprechen.

UNIMAG: Was ist neu an „Overthrown“? Was hat sich verändert?

Esteban’s: Es hat sich vieles verändert… prinzipiell. Musikalisch habe ich versucht, das Ganze mehr auf den Punkt zu bringen. Das Album soll keine einzelnen Singles beinhalten, sondern mehr oder weniger ein Gesamtwerk sein. Thematisch geht es vorwiegend um Neuordnung und Wandel, nachdem ich mich selbst gerade in einer Phase der Veränderung befinde.

Warum war es dir so wichtig, es als Gesamtwerk zu schreiben?

Die erste Platte war mehr oder weniger eine Sammlung von Liedern, die wir im Laufe der Zeit geschrieben haben. Sie waren für die Band Garish nicht so passend und dann haben wir uns entschieden, alles auf ein eigenes Album zu packen und rauszubringen. Da haben wir uns noch wenige Gedanken im Vorhinein gemacht, was das genau sein soll. Beim zweiten Album haben wir schon ein bisschen mehr überlegt. Das ist für mich auch das Allerwichtigste: Das Album soll schlussendlich ein harmonisches Bild ergeben. Ich finde die Musik, die ich mache, teilweise sehr bildmalerisch.

Welche Bilder malst du dann?

Hm, das ist schwierig. Ob das jetzt gelb-blau oder grün-pink ist, das weiß ich nicht. Aber es ist sicher auf der melancholischen Seite und eigentlich ein Gegenpol zu meinem Wesen. Ich bin kein schüchterner, geschlossener, intellektueller Kerl, sondern ein bisschen bodenständiger. Es gibt ein weises Sprichwort, das besagt: „Verwechsle niemals den Künstler mit seinem Kunstwerk.“

Wie schreibst du denn deine Musik?

Keine Ahnung, das kann ich gar nicht beeinflussen. Der Großteil geht natürlich von der Gitarre aus; ich spiele großteils Moll-Akorde, weil sie mir einfach am besten gefallen. Es liegt auch daran, was für eine Art von Musik ich privat höre – das ist halt eher melancholische, würde sogar sagen deprimierende und nicht Happy-Peppy-Style Musik. Ich würde nicht sagen, dass ich das nicht ertrage, aber das gibt mir nicht viel. Mir fällt es auch viel leichter, über traurige Themen zu schreiben als über Situationen, wo es mir super und wunderbar geht. Das ist nicht berechnend, sondern das passiert einfach so.

Und wie ist das, kommt dir plötzlich eine Inspiration und du musst schreiben?

Nein, so romantisch ist das eigentlich selten. Die meisten Leute erzählen mir irgendwelche Geschichten, dass man dann auf einmal einen Song hat. Also ich bin der Meinung, dass die meisten lügen, um das natürlich interessant zu verpacken – eh logisch. Für mich ist das teilweise Herumprobieren, man spielt irgendwas auf der Gitarre und denkt dann: Es macht Sinn, sich damit ein bisschen zu beschäftigen. So entsteht ein Song. Manchmal dauert es länger, über Wochen hinweg. Dann lege ich es wieder zurück, weil ich nicht weiter komme, es mir nicht so gut gefällt… Es ist sehr unterschiedlich, aber es ist selten so, dass da jetzt von irgendwoher eine Eingebung kommt und dann ist der Song da. Bei mir ist das auf jeden Fall niemals so. Und Texten bedeutet für mich immer Arbeit. Das ist das, was ich ganz am Schluss mache und mir teilweise echt schwer tue… Natürlich auch aufgrund dessen, dass ich nicht in meiner Muttersprache schreibe.

Warum schreibst du dann überhaupt auf Englisch?

Die Songs, die für Garish komponiert worden sind, waren im Vornhinein immer in einer Englisch-Phantasiesprache. Da wird dieser Sound immer sehr speziell gemacht, das sind eigentlich immer englischsprachige Melodien und erst dann wird darüber ein deutscher Text gebastelt. Ich hab immer schon so komponiert, dass ich Songs in englischer Sprache schreibe. Der Grönemeyer macht das zum Beispiel auch so. Es ist viel runder. Hochdeutsch zu schreiben, ist für mich nie eine Option gewesen, weil ich Hochdeutsch einfach schrecklich finde. Das ist ja auch nicht meine natürliche Sprache, das heißt: Wenn ich mich einmal dafür entscheide, auf Deutsch zu schreiben, dann werde ich das im Dialekt machen. Das wird dann wirklich zu 100% authentisch. Bei dem Text muss man sich dann wirklich genau überlegen, worüber man schreibt. In der englischen Sprache kann man sich gut verstecken. Ich kann jetzt alles erzählen, worum es in dem Text geht, und das wird mir jeder glauben.

Auf Englisch schreibt man also besser deiner Meinung nach?

Besser? Nein, es ist nur versteckter. Es ist nicht so in your face, du hast da mehr Hintertüren. Schlussendlich gibt man natürlich Einiges preis, wenn man Musik macht. Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass man nicht immer alles ins Gesicht picken muss.

Schreibst du deine Musik ganz alleine?

Ja, ich komponiere die Texte alleine und produziere die Platten auch großteils ganz alleine. Auf der neuen Platte habe ich Philipp, meinen Pianisten, sonst ist – glaube ich – niemand beteiligt gewesen. Beim zweiten Album habe ich dann auch einen Schlagzeuger mikrofoniert. Die erste Platte hab ich ganz alleine gemacht.

Warum hast du dich eigentlich für den Namen Esteban’s entschieden? Bedeutet das was für dich?

Nicht viel, da steckt keine große, tolle Geschichte dahinter (lacht).

Schade.

Ich habe schon ein paar Mal gesagt: Man kann sich etwas Tolles überlegen, eine fantastische Geschichte, aber das war mir einfach dann zu blöd. Da steckt ganz einfach nur Folgendes dahinter: Ich habe früher, als ich noch in Wien gewohnt habe, mit meinem Wohnungskollegen jahrelang, stundenlang, nächtelang Playstation gespielt. Fußball. Da gibt’s einen Fußballspieler namens Esteban Cambiasso, ein Argentinier. Der hat mir einfach recht gut gefallen und da haben wir gedacht: Ja, das ist ein schöner Name, den kann ich einfach nehmen. Dabei war mir wichtig, aber das wird eh immer wieder vergessen, dass der Name mit diesem Apostroph S geschrieben wird. Ich möchte nicht dieser Esteban sein. Ich bin nicht die Person Esteban, sondern Esteban’s – so wie der Name eines Clubs oder einer Bar… Luigi’s, Esteban’s… ein gediegener Club, wo fantastische Musik gespielt wird.

Inwieweit liegt dir dein Image am Herzen?

Das ist immer wieder ein schwieriges Thema (lacht). Es ist immer die Frage, wie sehr ich Ich sein soll, weil dieses derbe Outfit irgendwie dann nicht mit der Musik zusammenpasst. Ich versuche, einen Mittelweg zu finden, authentisch zu bleiben, alles auf der Bühne ein bisschen mit Humor zu sehen – nicht so streng. Nicht: „Wir spielen jetzt traurige Musik und das ist die Geschichte, da geht’s um meine Trennung und das tut so weh“, sondern eher zwischendurch ein bisschen auflockern.

Also dein Konzert wird nicht so traurig wie deine Platte?

Ja, das ist der Plan, so soll es sein. Manchmal gelingt es, manchmal nicht so… wir werden sehen. Mich macht eher das Zwischendurch nervös als das Musizieren, das Musizieren kann man gut. Aber das zu präsentieren, ist dann eher die Challenge. Es ist jetzt für mich nichts Neues, ich mache das schon länger auch solo, aber bei Garish war ich halt in der zweiten Reihe mehr oder weniger… Ich spiele meine Geschichten, alles wunderbar, aber ganz vorn und die Kommunikation – die muss ich nicht machen. Das hier ist ein bisschen anders. Die ganze Organisation rundherum, das ist viel mehr Stress, viel mehr Druck, mehr Aufregung.

Was genau macht dich denn nervös?

Puh, keine Ahnung. Das gesamte Ding. Ich kann es jetzt gar nicht an etwas Speziellem festmachen. Ich hab selten das Gefühl, dass ich jetzt das Beste rausgeholt habe, ich bin da ein ziemlicher Perfektionist. Ich finde es auch viel schlimmer, wenn man einfach nett und gefällig und schlussendlich einfach langweilig ist, als wenn man komplett verkackt und ganz extrem polarisiert.

Gibt es jemanden, der dir besonders gut live gefällt… so dass du sagst: Genau so sollte man Konzerte machen?

Diesbezüglich habe ich nicht wirklich ein Vorbild. Aber mich fasziniert Damien Rice, der ja auch eher traurige Musik macht. Er war einmal solo im WUK, das habe ich mir angesehen und war extrem überrascht, weil der auf der Bühne zwischendurch nur Schmähs gerissen, nur Spaß gemacht hat. Das hab ich super gefunden. Diese Mischung zu finden, ist wirklich nicht so einfach.

Wenn deine Texte eher Arbeit für dich sind, hast du irgendein Ziel bei den Texten, soll es „den Menschen etwas geben“ oder sollen sie einfach schön sein?

Nein, für die Menschen schreibe ich nicht. Wichtig ist für mich jetzt rein die Technik, aber vom Funktionellen… das soll eine Phrase sein, die man sich merkt. Das sollen irgendwie Schlagwörter sein, die stark sind. Die Geschichte versuche ich so rund wie möglich zu verpacken, meine Texte sind eher kurz. Es gibt ein paar Texte, auf die ich recht stolz bin.

Auf welche denn zum Beispiel?

Ich habe mal einen Text geschrieben, den ich aber selten spiele, weil es ein ganz trauriges Lied ist. Ich versetze mich dann in eine Situation, um ganz traurig zu werden. Das mache ich nicht oft, aber ich stelle mir dann vor, dass zum Beispiel jemand stirbt. Das schaffe ich oft so weit, dass mir die Tränen kommen. Das ist ein relativ kurzer Song, er ist aber sehr treffend. Er sagt genau das aus, was ich mir gedacht habe. Dann gibt es wiederum Texte, bei denen ich selbst nachdenken muss, was ich mir eigentlich damals gedacht habe, als ich diesen Text geschrieben habe. Wenn mich jemand fragt, worum es denn in dem Text geht, dann sage ich halt irgendwas, was sich ergibt und frage mich insgeheim aber: „Wie ging das nochmal?“ Bei manchen Songs weiß ich das gar nicht mehr.

Und wenn du sie singst weißt du schon, worum es geht?

Während ich singe, bin ich meistens ganz woanders. Also da lebe ich den Text nicht aus, das mache ich nicht.

Welche Pläne hast du noch für dieses und kommendes Jahr?

Dass die Platte und die Tour gut laufen, dass die Konzerte super werden… Nächstes Jahr kriegen wir Nachwuchs, das zweite Mal.

Gratuliere!

Danke! Dann wird es ziemlich stressig. Ich habe ja schon am Anfang Neuordnung und Wandel angedeutet. Irgendwann bin ich drauf gekommen, dass das Musik machen nicht das Wichtigste ist. Für mich ist das immer vorne gestanden, aber jetzt versuche ich, mehr zu leben, nicht so ernst und verbissen zu sein. Das fühlt sich eigentlich ganz gut an. Natürlich lebt man extrem dafür, aber Musik ist trotzdem nicht das Allerwichtigste im Leben.

Vielen Dank für das Gespräch!

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