Die heimischen Blasmusik-Elektro-Swinger Erwin & Edwin haben gut drei Jahre lang an ihrem Erstlingswerk „Messing“ gefeilt, das nun am 18. März endlich das Licht der Welt erblicken wird. Ab April touren sie dann durch Österreich, Südtirol und Deutschland. UNIMAG hat sie vorab für euch getroffen, um über die Platte, ihre künftigen Projekte sowie interessante Gerüchte zu sprechen.
UNIMAG: Kurz vor der großen Release-Tour seid ihr alle wieder von euren Urlauben zurück. Energie getankt, Inspirationen gesammelt?
Simon: Ja, eher zum Luft holen vor der Tour.
Michael: Bevor der Sturm losgeht quasi. Die Albumproduktion war schon intensiv und es kommt noch eine intensive Zeit auf uns zu. Aus dem Grund hat des schon ganz gut gepasst so.
Was habt ihr in nächster Zeit denn alles geplant?
Simon: Also das wichtigste ist jetzt mal das Proben für die Tour. Set zusammenstellen und gleichzeitig das nächste Video planen und drehen.
Welche Erwartungen habt ihr an das Album? Wie soll es bei den Fans ankommen? Strebt ihr auch einen Platz in den Charts an?
Simon: Wir sind sehr froh darüber, dass die erste Single „Freddy“ so gut bei FM4 und Radio Soundportal angekommen ist. Es ist auch die erste Nummer, bei der wir englisch und vor allem auch selbst singen. Wir haben im Vorfeld nicht damit gerechnet.
Michael: Es war jetzt einmal ein Versuch. Wir grenzen uns genremäßig und damit, was wir musikalisch machen möchten, nicht ein. Schön, dass es Anklang findet, nicht gleich von den Leuten abgelehnt wird und sie nicht sagen, dass wir weiterhin die Richtung unserer vorherigen EPs beibehalten hätten sollen. Es wird sehr vielfältig weitergehen, da wir auch alle musikalisch sehr breit gefächert sind.
Simon: Es gibt sicher welche, die sich für bestimmte Songs besonders begeistern. Ich glaube ehrlich gesagt, dass man vielleicht als Band nicht alles richtig macht, wenn die Fans jeden Song der ganzen Platte gleich gut finden und sagen, dass es genau das ist, was sie sich erwartet haben. Irgendwas muss musikalisch passieren, dass es interessant bleibt.
Flo: Ich kann mir auch vorstellen, dass es vielleicht auch viele Leute gibt, denen es nicht ganz so gut gefällt. Unsere Musik ist live auch an die Clubkultur angelehnt. Wir haben also schon ein Konzept dahinter. Angefangen haben wir mit gar keinem bis wenig Gesang und das ändert sich jetzt. Das könnte auf Kritik stoßen.
Simon: Das glaube ich gar nicht. Ich denke, dass es viele gibt, die unsere alte Musik richtig gut gefunden haben und die von dem Neuen überrascht sind. Es ist ja nicht so, dass wir uns beim aktuellen Album ganz neu erfinden. Wir haben auch gemerkt, dass uns das Singen auf der Bühne Spaß macht und es gut bei den Fans ankommt, wenn man den Text mitsingen kann. Außerdem wird man ohne Gesang selten im Radio gespielt. Die Single „Wien“ mit Alex ist recht gut angekommen und sicherlich möchte man daran auch anknüpfen. Erst dadurch sind auch sehr viele Menschen auf uns aufmerksam geworden. Da merkt man erst, was alles möglich ist, was man früher vielleicht gar nicht in Erwägung gezogen hätte.
Aber trotzdem wollt ihr nicht den Mainstream bedienen?
Simon: Wir haben eine sehr große Abneigung, richtige Popmusik zu machen. Wir wollen das nicht und es ist auch nicht das, was uns ausmacht. Wir haben auch schon öfter Nummern überarbeitet oder ruhen gelassen, weil es uns zu poppig oder Mainstream ist. Man versucht doch irgendwie Musik zu machen, die auch heraussticht. Wir hätten ein paar Songs, die Potenzial haben, auf Ö3 oder Krone Hit gespielt zu werden. Wir wollen aber unseren Stil nicht bewusst verändern für gewisse Musiksender – wenn sie unsere Tracks trotzdem spielen würden, wären wir wahrscheinlich auch nicht böse.
Michael: …oder arbeiten an den Songs weiter. Es passiert sehr häufig, dass Songs, die schon vorher entstanden sind, erst später fruchten – es erst einmal an einer Idee scheitert, die dann irgendwann kommt. So entsteht auch etwas ganz Neues und es geht wieder in eine ganz andere Richtung. Da gibt es noch einige Baustellen, wo wir uns vielleicht auch selbst überraschen können und jemand plötzlich eine Eingebung bekommt.
Die Brass-Schiene soll aber schon beibehalten werden? Sozusagen euer Charakteristikum?
Simon: Ich glaube, ohne dem wäre es nicht mehr das, was wir so machen. Schon zu Beginn mit Christophs Trompetenklängen, die eher elektronisch klingen – das ist halt einfach das, was uns ausmacht. Trotzdem ist das Brass-Spektrum groß und man kann sich in viele Richtungen bewegen. Wir haben auch recht viel experimentiert im Rahmen des Albums. Wir werden sehen, wie es so ankommt.
Flo: Es gibt auch viele Ideen, die wir noch nicht wirklich verwirklicht haben.
Simon: Es kommt noch viel. Es gibt auch einen Part „nach dem Album“.
Nochmal zurück zu eurer EP: Habt ihr den Charteinstieg von „Freddy“ so erwartet?
Michael: Nein, ehrlich gesagt nicht. Die Nummer ist recht kontrovers, weil sie von der Melodie her so „happy peppi“ wirkt und der Text extrem negativ gestimmt ist. Das Video geht auch in die negative Richtung. Das haben wir zwar bewusst so gemacht, aber ich denke, wir haben uns dabei reichweitentechnisch ins Knie geschossen, weil natürlich nicht jeder diese Meinung teilt. Darum haben wir auch nicht damit gerechnet, dass die Nummer so gut in die Charts einsteigt oder im Radio läuft, weil es mehr ein Statement ist als eine Nummer, die man sich mehrmals am Tag anhört.
Was hat euch generell für das Album inspiriert?
Michael: Wir haben beim Album zuerst in mehrere Richtungen gedacht, bis wir unseren roten Faden gefunden haben. Wir haben viel experimentiert.
Simon: Genau! Das Besondere an dem Album ist, dass wir wirklich gemeinsam daran gearbeitet haben und auch oft wieder Dinge überarbeitet und verworfen haben. Vorher war es oft so, dass jeder einzeln individuell viel oder weniger viel Zeit in einen Song investiert hat. Jetzt ist jeder in jede Nummer involviert. Das ist bei uns etwas ganz Neues.
Welche Botschaft wollt ihr eurem Publikum vermitteln?
Simon: Jede Nummer hat ihre eigene Botschaft. Auf dem Album gibt es mehrere Nummern, die sich mit den Themen Abneigung, Fremdenfeindlichkeit und Hass beschäftigen. Bei den drei Nummern mit Gesang geht es um eine Geschichte. Es geht um einen Typen, der eine heftige Entwicklung durchlebt und in einem falschen Umfeld aufwächst. Er kämpft mit familiären Problemen und dadurch gerät er auf die falsche/rechte Bahn. Schlussendlich schafft er es doch, sich daraus zu befreien. Das ist ein Thema, dass uns sehr beschäftigt. Warum können Menschen so einen Hass gegen andere entwickeln? Es geht da nicht immer um Ausländer, sondern einfach darum, warum man sich gegenseitig so verachten kann. Es ist ein Thema, bei dem wir uns sehr oft denken, was in dieser Welt bloß falsch läuft. Das wollen wir in der Musik verarbeiten. Es ist uns schon wichtig, dass die Leute wissen: Wir sind nicht nur irgendeine Tanzband. Es läuft nicht alles perfekt im Leben. Aus dem Grund war es uns auch wichtig, das mitzuteilen, was uns im Leben beschäftigt.
Mal abgesehen von der Haltung, die ihr vertretet – welche Musikrichtungen beeinflussen euch und eure Musik noch?
Michael: Ich denke, dass jeder von uns von einer anderen musikalischen Richtung inspiriert wird. Flo kommt eher aus der Drum and Bass-Schiene, Christoph und Simon haben früher in einer traditionellen Blasmusikkapelle gespielt und Simon hat zudem noch in einer Punk-Band gespielt. Ich als Gitarrist komm auch irgendwie aus der Rock-/Reggae-/Ska-Schiene. Es gibt also ganz, ganz viele Einflüsse und auch frühere Bandprojekte, die da miteinfließen. Das ist der Cocktail, der uns ausmacht, was sich auch am Album widerspiegelt.
Simon: Genau, ich glaube, der „besondere Cocktail“ war bisher noch nicht so stark zu sehen, wie er jetzt am Album herauskommt.
Michael: Live sieht man die Mischung vielleicht besser. Aber auf den EPs oder Singles bekommt man das vermutlich gar nicht mit.
Rührt diese besondere Mischung vielleicht auch daher, dass ihr jetzt intensiver zusammenarbeitet?
Simon: Wenn man uns schon einmal live gesehen hat, hat man das sicher schon deutlicher mitbekommen, als wenn man nur die Releases kennt. Natürlich beeinflusst man sich gegenseitig. Ich glaube auch, dass Christoph als unser Hauptkomponist sicher auch durch alle anderen Bandmitglieder beeinflusst worden ist. Wir beeinflussen uns gegenseitig.
Flo: Wir zeigen uns auch irrsinnig viel Musik gegenseitig. Sollten wir noch mehr machen. (lacht)
Michael & Simon: Ja, stimmt. (beide lachen)
Mal eine etwas andere Frage: Auf welcher Bühne würdet ihr gerne einmal mit welchem Künstler stehen?
Simon: Puh, da gibt es viele. Ich glaube, es gibt erstens viele Bühnen, die extrem reizvoll sind. Es gibt weltweit legendäre Locations, bei denen man sich denkt: „Wenn ich da mal spielen könnte, dann habe ich es geschafft.“ Das Flex ist für uns in Österreich schon so eine Location gewesen. Wir haben immer gesagt, dass wir irgendwann dort spielen müssen. Es ist deshalb cool, dass es jetzt was wird. Es ist sicher mal der erste Traum der in Erfüllung geht. (lacht) Aber es gibt natürlich auch in New York die Webster Hall und extrem coole Festivals wie zum Beispiel das Coachella oder das Benicassim in Spanien.
Michael: Es ist natürlich sehr spannend, wenn man in ungewöhnlichen Locations auftreten kann. Aber so direkt die eine Location gibt es nicht, denn die Abwechslung macht auch sehr viel aus. Das macht es für mich auch aus. Mal spielen wir in Clubs, ein anderes Mal auf einem Musikfest irgendwo mitten im Wald. Das ist schon cool eigentlich. Ich bin einfach gespannt, wie es weitergeht und wo es uns noch hin verschlägt.
Flo: Es ist auch nicht immer größer gleich besser. Größere Locations sind einfach anders. Manchmal sind kleinere Locations besser, wo kaum Platz ist und das Publikum auf engem Raum steht, weil mehr Stimmung aufkommt. Bei einer riesigen Bühne mit weniger Publikum verliert man sich auch irgendwie.
Michael: Mit der australischen Band Caravana Sun wieder gemeinsam auf der Bühne zu stehen, wäre schon ein Traum. Die haben uns live echt umgehauen.
Simon: Generell macht es richtig Spaß, herumzutouren und auf Festivals zu spielen.
Stichwort Tour: Was sind eure Rituale vor Auftritten?
Michael: Wir putzen uns seit neuestem vor einem Auftritt immer die Zähne. (lacht) Das ist sehr angenehm und auch erfrischend. Da gibt es so eine Meersalz-Zahnpasta, die richtig super ist und die man auch gleich auf den Boden spucken kann. Früher haben wir uns noch mehr aufgewärmt. Das machen wir auch noch hin und wieder, indem wir ein paar lustige Aufwärmübungen machen. Der Sportstudent Simon sagt halt an und wir laufen ein bisschen am Stand.
Simon: Zähneputzen ist das neue Aufwärmen jetzt. (lacht)
Wenn ihr noch Platz oder einen Namen für ein fünftes Bandmitglied haben würdet, welches Instrument wäre das?
Michael: Wahrscheinlich schon ein Blasinstrument und vermutlich eine Tuba, weil das von der Oktave her gut passen würde.
Flo: Tuba oder Bass-Posaune.
Und welcher fiktive Name, der mit dem Buchstaben E beginnt wär da weiter angedacht?
Florian: Es ist eigentlich nicht so, dass wir alle mit E anfangen. (lacht) Eigentlich war das nur unser Schmäh zu Beginn. Mittlerweile haben wir mit dem auch schon aufgehört. Weil eigentlich heißt bei uns ja auch keiner Erwin oder Edwin. Das sind eigentlich eher Figuren.
Michael: Wir gemeinsam sind halt Erwin & Edwin. Die Antwort lässt sicher sehr viele Leute unbefriedigt und jeder will immer wissen: „Aber warum?“ (lacht)
Was habt ihr für 2016 noch geplant?
Michael: Viele neue Songs schreiben.
Flo: Viel Touren.
Simon: Und Musikvideos.
Zum Abschluss: Was wollt ihr den UNIMAG Lesern unbedingt noch sagen?
Simon: Studiert fertig – außer ihr seid im ersten, zweiten oder dritten Semester, Dann ist aufhören noch okay. Ich bin schon relativ weit im Studium und schau, dass ich es jetzt noch fertig bekomm. (lacht)
Michael: Bevor man eine Band gründet, sollte man schnell fertig studieren.
Simon: Also bleibt’s brav und studiert fertig. (lacht)
Flo: Ach, und seid freundlich und kauft auch unsere neue CD!
In diesem Sinne danke für das Interview, Erwin & Edwin! Wir verlosen auf unserer Facebook-Seite noch eine signierte Ausgabe des Debütalbums „Messing“.
Am 31.3. ist der Tour-Start von Erwin & Edwin im Wiener Flex. Karten sind noch bei oeticket um 12 Euro erhältlich.
Die weiteren Tourdaten und nähere Infos zur Band findet ihr unter:
www.erwinundedwin.com
www.facebook.com/erwinundedwin