„Da ist er wieder, der Mann, der sich selber zu gut findet!“ Nach sechs Jahren Stille wird es endlich wieder laut um Farin Urlaub und sein Racing Team. Mit viel Gitarre, Bass und Schlagzeug präsentiert die zwölfköpfige Band ihr neues Album „Faszination Weltraum“, das Farin Urlaub wieder einmal als genauen Beobachter, Kritiker, aber auch Liebhaber von Welt und Mensch zeigt. Wir hatten das große Glück, den Sänger zum Interview zu treffen.
Euer bereits fünftes Album in nur 12 Jahren. Was ist das für ein Gefühl?
Mann, bin ich alt! (lacht) Ich scheine in jeder Lebensdekade ein Farin Urlaub Solo-Album herauszubringen.
Du fühlst dich also nur alt? Nicht stolz?
Doch, natürlich bin ich stolz! Wenn ich nicht zufrieden wäre, würden wir nicht hier sitzen. Es ist ein schönes Album geworden, finde ich.
„Faszination Weltraum“ ist anders als das letzte Album „Die Wahrheit übers Lügen“, härter und rockiger. Warum?
Ich hatte einfach Bock auf härter. Es gibt irgendwie so viel wischi-waschi Musik und ich hatte irgendwie Lust auf Gitarre. Ich wollte einfach mal wieder so richtig Dreck machen. Ab und zu braucht man das. Vor allen Dingen habe ich gemerkt, dass die meisten von den Rockstücken von allen ersten drei Alben – das Live Album nicht mitgerechnet – live mehr Spaß gemacht haben als die anderen. Klar: ruhige Stücke zwischen drin ist schön, aber dann will ich wieder sägen. Also dachte ich dann: Mach doch einfach ein ganzes Album mit Sägen!
Warum der Titel „Faszination Weltraum“?
Ich hab so ne kleine Sammlung von Titeln, die mich faszinieren. Da war zum Beispiel drin „die Rückkehr der Skateboard Legende“, das dann der Titel des Songbooks wurde. Als es also darum ging das neue Album zu machen, hab ich da reingeguckt und gesagt: „Faszination Weltraum. Perfekt!“
Mehr Zusammenhang gibt es da nicht. Ich mag den Titel einfach. Wenn man sich das Cover ansieht, merkt man, dass es auch da keinen Zusammenhang gibt. Es ist einfach absurd.
Das ganze Album wird recht gesellschaftskritisch. In „iDisco“ wünschst du dir ja zum Beispiel, dass „mehr Hirn vom Himmel fällt“. Steht es wirklich so schlimm um uns?
(lacht) Also, das Lied hat zwei verschiedene Dimensionen. Einerseits ist es natürlich eins zu eins das Leben à la „Ach, das kann doch nicht wahr sein!“ Ich will jetzt nicht von verschiedenen Politikern anfangen. Nehmen wir ein anderes klassisches Beispiel: den Straßenverkehr. Wer schlägt da nicht die Hände über dem Kopf zusammen?! Andererseits gibt es auch noch einen viel interessanteren Aspekt der Idiotie, die in dieses Lied miteingeflossen ist. Nämlich den, dass wenn zehn Leute sich unterhalten und dann jeder nachhause geht, alle denken „Mann, sind die doof!“ Und ich frage mich, wenn jetzt wirklich alle doof sind, wer ist dann denn der Schlaue? Das waren die Hintergrundgedanken zu diesem Song.
Braucht unsere Welt deiner Meinung nach also – wie du es in „Was die Welt jetzt braucht“ suggerierst – neue Superhelden?
Wir bräuchten überhaupt mal einen Superhelden! Aber darum geht es in dem Song gar nicht so sehr. Kennst du Richard Lester? Der hat einmal einen Superman-Film gedreht, ich glaube mit Christopher Reeve in der Hauptrolle. In diesem Film war Superman das erste Mal out-of-character, denn er war schlecht gelaunt, unrasiert, saß betrunken in einer Bar und hat mit Erdnüssen Flaschen zerdeppert. Dieses Bild vom Superhelden, der doch irgendwie ein Loser ist fand ich total schön und dieses Lied geflossen. Aber natürlich ist schon auch die Message „Krieg mal den Arsch hoch!“ dabei.
Obwohl du nicht mit Kritik sparst, verteilst du aber auch Lob, beziehungsweise leitest – wie in „Find dich gut“ – dazu an sich selbst zu loben. Wie gut gelingt dir das denn selbst?
Das ist ganz katastrophal! Ich lache am lautesten über meine eigenen Witze. Ich finde grundsätzlich jedes Lied, das ich je geschrieben habe, total super und gehe damit den anderen auch ziemlich auf die Nerven. (lacht) Ich weiß aber, dass es auch Leute gibt, die zu wenig davon haben. Eine gute Freundin von mir zum Beispiel. Die hat mir geschildert, wie ihre letzte Gehaltsverhandlung aussah. Der Chef hat sie zu sich gerufen und gefragt ob sie mit ihrer Arbeit zufrieden ist und sie meinte, sie wäre sehr zufrieden. Der Chef meinte dann, ob sie ihn gar nicht um eine Gehaltserhöhung bitte will. Sie antwortete tatsächlich: „Weiß nicht.“ Der Chef entgegnete schließlich, dass das so nicht funktionieren würde und schickte sie nachhause. Genau wegen solcher Vorfälle meine ich: „Hey, hab doch mal Selbstbewusstsein.“ Aber das singt sich einfach nicht so gut wie „Find dich gut“. (lacht)
Also findest du es wichtig, dass man sich selbst gut findet?
Schon! Zuviel ist dann auch wieder ungesund, aber ein gesunder Mittelweg ist wichtig. Völlig unfähig zur Selbstkritik zu sein ist nicht schön, das sind dann die berühmten Arschgeigen und nein, ich rede jetzt nicht von mir! (lacht) Wenn man sich aber selbst immer für den letzten Loser hält, dann wird man‘s wahrscheinlich auch irgendwann.
Der Song „Herz? Verloren“ wird die erste Single des Albums. Warum gerade dieses Lied?
Nachdem ich beim letzten Mal eine katastrophale erste Single ausgewählt habe, von der mir alle abgeraten haben, die ich aber unbedingt durchsetzen wollte – das ist er wieder, der Mann der sich selber zu gut findet (lacht) – habe ich diesmal die anderen wählen lassen. Die haben sich dann alle für das Lied entschieden. Meine erste Wahl wäre „Immer dabei“, das letzte Lied am Album, gewesen. Aber wahrscheinlich hätten dann alle gedacht: „Okay. Wo gibt’s die Rasierklingen dazu?“ (lacht)
Welcher Song auf diesem Album hat dir denn am meisten Spaß gemacht?
Am meisten Spaß beim Aufnehmen hatte ich bei „Keine Angst“, weil ich danach richtig dicke Unterarme hatte. (lacht) Das Lied ist wirklich an der Grenze des Spielbaren. Rachel, unsere Schlagzeugerin, hat mich als sie die Drum-Tracks bekam, gefragt ob ich spinne. (lacht) Als sie das Lied dann im Studio gespielt hat, wollte sie mich danach verprügeln. Es ist so unfassbar schnell, also ich kann das nicht. Außerdem hatte es im Studio 45 Grad und dann wird das, was Rachel gemacht hat, echt unmenschlich.
Fragen dich deine Bandkollegen denn öfter, ob du spinnst, wenn sie deine Songvorschläge vorgestellt bekommen?
Es kommt ab und zu mal vor. (lacht)
Eure nächste Tour steht an! Heuer spielt ihr in Klagenfurt, nächste Jahr endlich wieder in Wien.
Genau! Ich bin zu gerne hier in Österreich. Im Rahmen der „Es besteht keine Gefahr für die Öffentlichkeit Tour“ spielen wir am 5. Juni in der Arena Wien.