Mit „In Dream“ haben die Editors heuer ihr fünftes Studioalbum veröffentlicht. Wir trafen Sänger Tom Smith und Bassist Russell Leetch im Rahmen ihres Wien-Besuchs zum Interview und sprachen mit ihnen über die Faszination von Dunkelheit, Träume aus ihrer Kindheit und die Konzeption ihrer Setlists für Live-Shows.

UNIMAG: Bei der Produktion eures aktuellen Albums wart ihr als Band viel stärker involviert als bei euren vorherigen LPs. Woran lag das?
Tom: Wir haben „In Dream“ selbst produziert und waren in den gesamten Schaffensprozess viel stärker involviert – nicht nur in die Aufnahme selbst sondern auch in die Entscheidungen, was auf welche Weise mit jedem Song passiert. Wir hatten kollektiv als Band das Gefühl, viel mehr Einblick in das Geschehen zu haben.

„In Dream“ klingt wie die logische Fortsetzung eures dritten Studioalbums „In This Light And On This Evening“. Seid ihr nach eurem Rock-Ausflug auf „The Weight Of Our Love“ bewusst zu diesem 80s-Synthpop-Sound zurückgekehrt?
Russell: Nein, überhaupt nicht. Für uns war es eine ganz natürliche Entwicklung. Der Sound ist zwar ähnlich wie auf unserer dritten LP, aber für uns gibt es doch klare Unterschiede. „In Dream“ ist lebhafter und umfassender als „In This Light And On This Evening“ geworden. Wir mögen den Klang von Synthesizern und Drum-Computern, deshalb spielen wir gerne damit herum.

Was all eure Songs gemeinsam haben, ist, dass sie eine gewisse Dunkelheit in sich tragen. Was ist für euch so reizvoll daran?
Tom: Dunkelheit ist eine Welt, in der wir uns wohlfühlen. Es ist die Art von Musik, die wir hören, die Art von Filmen, die wir uns ansehen, und die Art von Büchern, die wir lesen. Da gibt es immer eine gewisse Spannung, Drama und Dunkelheit. Wenn wir Musik machen, zieht es unseren Sound und unsere Gefühle, die wir in die Songs legen, ganz automatisch in diese Richtung.

Also wird es nie ein Party-Album der Editors geben?
Tom: (lacht) Russel hat da ein neues Nebenprojekt…

Russell: (lacht) Das ist nur ein Scherz … Die Bands und die Musik, die wir hören, bewegen sich alle in diesem Bereich. Deshalb wird unser Sound immer in diese Richtung gehen. Wobei ich behaupten würde, dass man auch viel Optimismus in unserer Musik finden kann.

Tom: Außerdem wollen wir Musik machen, die Menschen auf einer emotionalen Ebene berührt. Musik, zu der man verweilen kann. Wir wollen eine Band sein, die die Leute genau dafür lieben, und keine, die irgendwo im Hintergrund gespielt wird, während man ein Bier trinkt oder tanzt. Wir wollen mehr sein als das.

„No Harm“, die erste Single der neuen LP, wurde als Hidden Track auf einer Kompilation-CD veröffentlicht, um eure Fans auf eine Art Schnitzeljagd zu schicken. Wie kam diese Aktion zustande?
Tom: Ich denke, gerade in der heutigen Zeit kann man seine Musik auf ungewöhnlichste Art und Weise herausbringen. Für uns ist es natürlich wünschenswert, im Radio gespielt zu werden. Wir wussten aber, dass ein Song wie „No Harm“ es mit großer Wahrscheinlichkeit nie schaffen wird. Also mussten wir uns etwas anderes überlegen, wie Leute diese andere Seite von uns kennenlernen können. Außerdem bringt es die Menschen dazu, über einen zu reden, was immer eine gute Sache ist (lacht).

Russell: Wir haben den Typen, der den Song gefunden hat, sogar bei einer Autogrammstunde in Belgien getroffen. Das war cool.

Ich war ziemlich überrascht, eine weibliche Stimme in drei der neuen Tracks zu hören. Wie verlief die Arbeit mit Rachel Goswell von Slowdive?
Tom: Wir haben Rachel zu uns nach Schottland eingeladen, wo wir das Album produziert haben. Wir haben sie und ihre Band schon vor einigen Jahren kennengelernt und immer wieder Zeit mit ihnen verbracht. Also haben wir sie einfach gefragt (lacht). Nach der ersten Session haben wir bemerkt, dass einige unserer Songs sich gut mit einer weiblichen Stimme machen würden. Wir lieben Slowdive und ganz besonders Rachels Stimme. Sie passt zu unserer Arbeit. Als sie anfangs zu uns ins Studio kam, hatten wir noch keine konkreten Pläne. Wir haben ein bisschen Gin getrunken, uns unterhalten und die Aussicht genossen. Danach haben wir einfach herumprobiert. Songs wie „The Law“ oder „Oh My World“, der es leider nur als Bonus-Track auf das Album geschafft hat, sind fast schon Duette. Ihre Stimme wirkt wie ein zweiter Charakter in den Nummern. In einigen Liedern übernimmt sie auch den Hintergrundgesang, der den Songs eine ganz eigene Textur verleiht.

Also waren die weiblichen Parts gar nicht von Anfang an geplant?
Tom: Es fing alles so an, dass ich bei einigen Songs mit meiner tiefen und meiner hohen Stimme herumexperimentiert habe. Wenn ich wie bei „No Harm“ im Refrain in meiner Falsettstimme singe, hört sich das fast wie ein neuer Charakter des Songs an. Das war auch bei „The Law“ der Fall. Als ich den Song geschrieben habe, war er noch nicht als Duett geplant, aber als wir dann zum Refrain kamen, fühlte es sich so an, als würde er aus einer anderen Perspektive gesungen werden. So kamen wir überhaupt erst auf die Idee, Rachel zu fragen, ob sie die Gesangsparts übernehmen würde.

Für die Videos und Artworks von „In Dream“ vertraut ihr ganz auf den Künstler Rahi Rezvani. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Russell: Ursprünglich trat Rahi durch einen gemeinsamen Freund an uns heran, der in unserem Musikvideo „You Don’t Know Love“ mitgespielt hat. Dieser hat über unser Management eine Fotosession mit Tom organisiert. Das Ergebnis hat uns überzeugt. Außerdem haben wir schon die ganze Zeit nach jemandem gesucht, der im visuellen Bereich über einen längeren Zeitraum mit uns zusammenarbeitet. Normalerweise kommen und gehen die Leute und man hat wenig Zeit, sich aneinander zu gewöhnen. Gerade bei unserem vierten Album haben wir einige Videos gedreht, mit denen wir im Nachhinein nicht sehr zufrieden waren. Umso glücklicher sind wir, Rahi gefunden zu haben, dessen Arbeit unserer Ästhetik entspricht.

Wie der Albumtitel schon verrät, spielen Träume eine große Rolle in euren neuen Songs. War das Konzept von Anfang an klar?
Tom: Nein, absolut nicht. Bei „The Weight Of Our Love“ habe ich schon nach wenigen Songs bemerkt, dass alle Songs über die Liebe handeln. Diesmal ist mir erst während der Aufnahmen – also als die Lyrics schon längst feststanden – bewusst geworden, dass die meisten Songs sich in einer träumerischen Welt bewegen. Es war nicht als Konzeptalbum ausgelegt. Wir planen so etwas normalerweise auch nicht, das ergibt sich einfach.

Könnte Schottland Einfluss darauf gehabt haben?
Tom: Auf jeden Fall! Wenn wir aus dem Studio gesehen haben, hatten wir einen Ausblick auf das Meer und die Berge, das hat sich ziemlich träumerisch und kosmisch angefühlt. Das Album, der Sound und die ganze Atmosphäre hingen stark mit unserer Umgebung zusammen.

An welche Träume aus eurer Kindheit könnt ihr euch noch erinnern?
Russell: Ich hatte lange Zeit einen wiederkehrenden Traum, in dem ich immer weiter vom Boden abkam. Das ist aber zum Glück schon lange her (lacht). Ich bin quasi immer höher über dem Boden geschwebt. Was das zu bedeuten hat, kann man bestimmt irgendwo nachlesen (lacht).

Tom: Ich hab oft geträumt, dass mir die Zähne ausfallen. Ich hatte früher aber auch einen immer wiederkehrenden Traum. Da ging es irgendwie um einen Ball aus Stacheldraht, aber meine Erinnerung daran ist schon sehr verschwommen. Seit ich Kinder habe, kann ich mich an keinen meiner Träume mehr erinnern. Kinder verändern wohl das Schlafverhalten (lacht).

Und was war der verrückteste Traum, den ihr jemals hattet?
Tom: Träume können schon ziemlich verrückt werden, oder?

Russell: Oh definitiv! Aber ich glaube, diese Träume sind nicht für Printmagazine geeignet (lacht).

Tom: Sagen wir nur so viel: Nicht jugendfreie Burschenträume (lacht).

Okay, lassen wir das einfach mal so stehen (lacht). Für euren Gasometer-Auftritt habt ihr eine Band aus Österreich – nämlich Leyya – an Bord geholt. Sucht ihr eure Support-Acts selbst aus?
Russell: Ja, Elliott hat die letzten paar Bands ausgesucht. Wir kriegen immer einige Links zugeschickt. Nachdem wir so viel reisen, ist es einfacher für uns, lokale Bands für unsere Shows zu wählen.

Tom: Ihr könnt euch also bei Elliott bedanken!

Machen wir (lacht)! Mit jeder neuen Platte müsst ihr natürlich auch eure Setlist für Live-Shows komplett umwerfen. Wie trefft ihr die Songauswahl?
Russell: Wir wissen mittlerweile ungefähr, welche Songs live gut angenommen werden. Auf diese Tour haben wir uns im Vorhinein ziemlich gut vorbereitet und ein bisschen herumgespielt, wie wir die neuen Songs live präsentieren wollen. Normalerweise wählen wir einfach die Gewinner jedes Albums.

Tom: Wenn du ein neues Album machst, ist es ganz klar, dass du viel davon spielen willst. Alle Nummern davon auf die Setlist zu packen, ist aber meist keine so gute Idee. Wir wollen einfach, dass die Leute Spaß haben. Viele Songs von „The Back Room“ funktionieren live sehr gut und es gibt auch einige Tracks, die wir persönlich wohl mehr mögen als das Publikum, die wir dann egoistischerweise immer wieder spielen (lacht). Wir wechseln immer drei Songs unserer Setlist aus, in Wien hören die Fans beispielsweise „Fingers In The Factories“. Das spielen wir nicht oft.

Adaptiert ihr eure Setlists auch für Festivals?
Tom: Es hängt natürlich vorrangig davon ab, wie lange wir spielen dürfen. Manchmal haben wir nur eine Stunde Zeit. Da ist auch nur Platz für unsere Singles und ein paar neue Songs. Aber wenn wir etwas länger spielen dürfen, nehmen wir auch andere Songs mit dazu, die Stimmung machen. Einige Nummern können wir unmöglich auslassen – „Papillon“ zum Beispiel.

Heuer habt ihr die Festivalsaison ausgelassen. 2016 kehrt ihr aber glücklicherweise wieder auf die Festivalbühnen zurück. Wie stehen die Chancen, dass ihr auch nach Österreich kommen werdet?
Russell: Oh ja, wir werden wirklich viele Festivals spielen nächstes Jahr.

Tom: Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir nach Österreich kommen. Tagtäglich trudeln neue Anfragen ein. Wir werden also ziemlich beschäftigt sein, nachdem wir 2015 eine Pause eingelegt haben. Wir freuen uns aber schon sehr auf die Festivalsaison. Wir lieben Festivals einfach. Das werde ich zwar Ende des Sommers nicht mehr sagen, aber jetzt ist die Vorfreude noch groß (lacht).

Inwiefern unterscheiden sich eure Headline-Shows von Festivalauftritten?
Russell: Bei Headline-Shows wissen wir, dass alle nur für uns gekommen sind. Auf Festivals wollen die Leute Spaß haben. Da spielen die Bands oft nur im Hintergrund und die Besucher stolpern nur durch Zufall über deine Musik. Es ist eine tolle Möglichkeit, an neue Leute heranzutreten, stellt aber auch eine kleine Herausforderung dar.

Tom: Auf Festivals haben wir eindeutig ein größeres Publikum als bei unseren Headline-Shows – vor allem bei einem späten Slot. Da steht dann ein großer Menschenhaufen (lacht), den wir versuchen, mit unserer Musik zu erreichen. Manchmal klappt das, manchmal aber auch nicht.

Nachdem sich 2015 bereits dem Ende zuneigt: Welche Alben habt ihr in diesem Jahr in Dauerschleife gehört?
Tom: Ich habe viel Michael Price und Nils Frahm gehört. CHVRCHES, The Weeknd und Lana Del Rey gehören auch zu meinen Jahresfavoriten. Ah, und Tame Impala steht auch ganz oben auf meiner Liste.

Russell: Horsebeach, eine Band aus Manchester (beide lachen). Die müsst ihr euch anhören.

Werden wir machen – vielen Dank für eure Zeit und hoffentlich bis nächstes Jahr!

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