The Common Linnets haben den ESC in Kopenhagen im vergangenen Jahr zwar nicht gewonnen, sind aber danach europaweit in den Charts präsent gewesen: Ihre Single „Calm After The Storm“ hat in 14 Ländern Platz 1 erreicht, ihre zweite Platte („II“) haben sie Ende September veröffentlicht. Bevor uns die Band am 23. November wieder live in Wien an ihrem Herzschmerz teilhaben lässt, nahmen sich Ilse DeLange und JB Meijers Zeit, uns einige Fragen zu beantworten.
UNIMAG: Wie geht’s euch? Was hat sich seit eurem letzten Konzert in Wien verändert?
Ilse: Wir sind sehr viel gereist und haben viel gespielt, sehr viel Promo gemacht und in der Zwischenzeit auch eine neue Platte herausgebracht. Ja, wir waren ziemlich beschäftigt, aber wir lieben es. Der Song „Calm After The Storm“ hat unser Leben richtig verändert.
JB: Absolut! Früher konnten wir innerhalb Hollands immer nach Hause fahren. Jetzt ist es so, dass wir Interviews in Wien geben und nicht mal eben zu Hause vorbeischauen können. Außerdem haben wir durch den Erfolg mit der Band mehr Möglichkeiten bekommen, live zu spielen.
Ilse: Wir haben unsere Solokarrieren ein bisschen auf Pause gesetzt. Ich bin stolz darauf, dass wir uns getraut haben, das zu machen, weil es ja keinerlei Sicherheit gab. Wir müssen immer weiterarbeiten und können nur hoffen, dass unsere Musik bei den Menschen Anklang findet und sie uns auf unserem abenteuerlichen Weg begleiten.
Es war etwas verwirrend für das Publikum, dass Waylon nach dem ESC plötzlich verschwunden ist. Ist es richtig, dass The Common Linnets ein Nebenprojekt von dir war und eher als eine Plattform für Künstler anstatt als feste Band gedacht war?
Ilse: Ja, das hab ich so initiiert, dass die Formation der Band wechseln kann. Nach dem ESC hat sich Waylon von uns getrennt, weil er sich wieder verstärkt seiner Solokarriere widmen wollte. Jetzt sind die Songschreiber der ersten Platte die Künstler hinter The Common Linnets geworden. So sind wir eine richtige Band geworden, von der ich hoffe, dass sie jahrelang in dieser Formation Musik machen kann.
Wie sieht eure Zusammenarbeit aus? Seht ihr euch oft?
JB: Ja, fast täglich.
Ilse: Sie sind sehr viel in Europa. Wir haben aber gesagt, dass wir nächstes Jahr wieder nach Nashville/USA fliegen werden, um wieder neue Songs zu schreiben, um es ein bisschen auszubalancieren. Die Platte ist jetzt zwar erst drei Wochen da, aber wir lieben es, immer neue Songs auf dem Tisch zu haben.
JB: …eine Kollektion an Songs, an denen wir weiterarbeiten können.
Und eure zweite Platte wurde schon nach einer Woche Nummer 1 in den Dutch Album Top 100.
Ilse: Genau, wir wurden Nummer 1 in den holländischen Charts. Das hat sich sehr gut angefühlt. Natürlich gab es auch viel Wirbel um The Common Linnets in Holland, weil Waylon ein bekannter Sänger war und über seinen Ausstieg viel geredet wurde. Die Platte, die wir jetzt gemacht haben, ist aber frei vom ESC. Wir sind gespannt, wie es mit uns weitergehen wird. Hat diese Gruppe eine Zukunft? Wir haben zwar sehr viele Awards. goldene Platten und so weiter bekomme, aber das ist keine Garantie, dass die nächste Platte auch so gut laufen wird.
JB: Das war halt ein schönes Zeichen. Da haben wir gedacht: „Uff, ok. Jetzt können sie sagen, was sie wollen, aber wir machen weiter.“ Das haben wir uns eh immer gedacht, aber das war so…
Ilse: Man muss einfach machen, was man selbst fühlt, worauf man selbst stolz ist, und dann ist alles ok.
In einem Interview habt ihr gesagt, dass ihr eure Lieder alle zusammen schreibt.
Ilse: Meistens. Nicht alle, wir haben auch zu zweit Lieder geschrieben, aber auch schon zu dritt, viert oder gar zu fünft. Bei den meisten Songs sind all unsere Namen als Co-Writers angeführt.
Geratet ihr in diesem Songwriting-Prozess manchmal aneinander?
JB: Nicht wirklich, es klappt einfach gut. Jemand hat eine Idee und setzt sie um. Man kann zwar nicht immer alles von Anfang an mögen, aber die Kunst ist es, offen zu sein und sich die Idee überhaupt anzuhören, es zu verarbeiten und dann zu entscheiden, wie man mit dieser Idee arbeiten kann anstatt gleich zu sagen „Man, das ist ja total kacke“. Durch so eine negative Herangehensweise verschwinden Songs. Wenn man aber positiv an die Sache herangeht, können großartige Dinge entstehen.
Ilse: Man muss einander auch richtig vertrauen können, sich gegenseitig inspirieren und einander auf freundschaftlicher Basis begegnen. Das sind für uns Voraussetzungen, um als Band auf diese Weise miteinander zu schreiben. Man muss geben und nehmen, man muss Raum lassen und Inspiration den Weg zeigen lassen. Das klappt dann einfach. Natürlich ärgert man sich manchmal, aber es gibt keinen Streit oder so. Wir machen es, weil wir Spaß haben wollen, und wenn das sich ändert, dann müssen wir aufhören.
Eure Single „We Don’t Make The Wind Blow“ ist ziemlich metaphorisch gehalten. Könntet ihr etwas mehr zu diesem Lied sagen?
Ilse: Ja, es ist metaphorisch. Es geht dabei um Folgendes: Wenn man ein Kind ist, lebt man einfach. Erst wenn wir erwachsen werden, möchten wir unser Leben gerne steuern. Man muss wieder lernen loszulassen. Daher die Metapher „We Don’t Make The Wind Blow“ – es geht, wie es geht. Go with the flow.
JB: Hast du die Eröffnungsszene von „Der Himmel über Berlin“ gesehen? Da heißt es in der ersten Zeile des Gedichts: „Als das Kind Kind war, wusste es nicht, dass es Kind war“.
Dieses Lied wird auch die neue FOX-Serie „Wayward Pines“ begleiten.
Ilse: Genau, in Holland war „We Don’t Make The Wind Blow“ der Soundtrack zur Serie. Sie haben uns angerufen, ob wir einen Song hätten, der zur Serie passen würde. Nachdem wir den Trailer gesehen hatten, dachten wir noch: „Nein, das passt nicht. Das ist ein bisschen … weird!“
JB: Und gruselig!
Ilse: Doch dann haben wir ihnen einen Song geschickt und sie waren ganz verrückt danach. Sie haben dasselbe gedacht wie wir, nur dass sie es als komisch im positiven Sinne emfanden. Wir hätten nicht gedacht, dass „We Don’t Make The Wind Blow“ unsere erste Single werden sollte, wir haben uns bis zu diesem Zeitpunkt eigentlich überhaupt gar keine Gedanken darüber gemacht. Da war es für uns noch zu früh, um etwas zu veröffentlichen. Es ging aber so gut, dass es auch unsere Single geworden ist; die Single, die ursprünglich keine Single war. Ich denke, dass das ein repräsentativer Song für das Album ist. Im Januar 2016 werden wir noch mit „That Part“ eine Single machen. Das passt unserer Meinung ganz gut als Nachfolge-Single. Die beiden Nummern haben irgendwie den gleichen Groove.
JB: Und es geht um Herzschmerz!
Ilse: Herzschmerz! Keine tiefen Sachen, nur Herzschmerz.
Gibt es so viel Herzschmerz auf euren Alben?
JB: Ja, es gibt immer sehr viel Herzschmerz.
Ilse: Wenn man doch ein bisschen von der Country-Musik beeinflusst ist, dann kommt man um Herzschmerz nicht herum (lacht). Aber wir sind eigentlich ganz fröhlich!
JB: Weil wir unseren Herzschmerz rauslassen…
Ilse: Achso, deswegen! Ich hab nie so darüber nachgedacht! Aber es ist vielleicht wirklich so.
Jeder von euch hat auf Spotify eure eigene Playlists. Wieso habt ihr euch dafür entschieden?
Ilse: Ich finde es immer schwierig, wenn man mich fragt: „Sag mir doch mal deine Top 5…“
JB: Ja, dann muss man im Moment wählen. Ich habe erst gestern nachgeguckt, weil ich ganz vergessen hab, was ich eigentlich gewählt habe.
Ilse: Man sieht doch daran auch unsere verschiedenen Charaktere, den musikalischen Einfluss, den jeder von uns hat.
Und wie würdet ihr dann die Playlists beschreiben?
JB: Ich habe eine sehr eklektische Playlist.
Ilse: Ja, so würde ich deine Playlist beschreiben. Matthew auch, denke ich. Jake hingegen ist ein Heartbreaker. Jake mag ein bisschen leichtere Songs, Ilse und Matthew bevorzugen etwas kompliziertere und tiefergehende Nummern. Und an meiner Playlist kann man wohl deutlich erkennen, dass ich Country-Musik liebe. Ich bin da einfacher gestrickt.
Am 23. November spielt ihr wieder ein Konzert im Wiener WUK. Was kann man als Fan erwarten, was erwartet ihr?
Ilse: Wir hoffen, dass es sich natürlich so anfühlt wie bei unserem vorigen Wien-Auftritt, weil es eines der Highlights unserer damaligen Tour war, muss ich sagen. Ehrlich! Wir fühlen ein bisschen eine Connection zu Wien, natürlich auch wegen Conchita… Das ist etwas Spezielles. Der Abend hat sich damals für mich sehr persönlich angefühlt. Es gab keinen Abstand zwischen dem Publikum und uns, wir haben mit dem Publikum geredet. Wir wollen viele Songs unserer neuen Platte spielen, vielleicht einige Coversongs auch…
JB: …neue Klamotten, neue Dekostücke.
Ilse: Ja, wir haben neue Dekostücke! Sehr schöne! Ich hab sie noch selbst nicht gesehen, nur auf einem Foto und das Design von denen ist sehr cool. Ich denke, es wird sehr schön aussehen! Ich werde auch versuchen, meine Haare sehr schön zu machen. Ich hoffe nicht, dass es sich wirklich etwas ändert.
Auf YouTube kann man ein Video finden, in dem ihr in einem Elektronikgeschäft spielt. Wie kam es dazu?
Ilse: Das war so ein Instore. Wir haben das mit dieser Platte schon einige Male gemacht.
JB: In dem Laden verkaufen sie Schallplatten, aber auch Zahnbürsten und andere Sachen. Wir mussten da zwischen den Waschmaschinen spielen (lacht)!
Ilse: Als die Platte veröffentlicht wurde, haben wir an einem Tag in einem richtigen Plattenladen gespielt – richtig old-fashioned, das war toll! Und weil es in meiner Umgebung, wo ich herkomme, keinen richtigen Plattenladen gibt, ich aber unbedingt auch mal dort vor „meinen Leuten“ spielen wollte, kam es dann zu diesem Elektronikgeschäft.
JB: Das sah ganz witzig aus.
Ilse: Wir haben uns sehr gefreut! Es ist eigentlich egal, wo man Musik macht, weil die Musik vom Herzen kommt. Man kann auch zwischen den Waschmaschinen Musik machen.
Wir danken euch für die Zeit und wünschen euch weiterhin alles Gute!