Rapperin, Poetry Slammerin, Mensch: Yasmin aka Yasmo veröffentlichte am 6. Januar 2017 ihr Album „Yasmo & die Klangkantine„. Wir trafen das Multitalent zum Interview und sprachen mit der Musikerin über ihre Kunst in der Hip Hop Szene und in der Poetry Slam Szene und darüber, warum sie Themen anspricht, die sich andere nicht trauen.
UNIMAG: Erstmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album, das vor einer Woche erschienen ist.
Yasmo: Danke (lacht).
Wie froh oder erleichtert bist du wegen der neuen Platte und wie geht es dir damit, dass das Album jetzt draußen ist?
Ich bin so froh, dass es draußen ist (lacht). Wir hatten die Produktion schon im September abgeschlossen, danach musste das Album noch ins Presswerk. Das heißt, die Arbeit war im September schon fertig und dann kamen noch die drei Monate Leerzeit. In dieser Zeit will man es allen zeigen und es geht halt noch nicht, weil es noch nicht draußen ist. Und deswegen bin ich jetzt sehr froh, dass das Album endlich da ist.
Ist dir ein gewisser Charterfolg eigentlich wichtig oder bedeutet Erfolg für dich etwas anderes?
Erfolg ist für mich etwas anderes, ich rechne nicht in Zahlen. Wenn man jetzt kein Major Top Act ist, ist das, glaube ich, nicht so wichtig. Erfolg ist für mich etwas, wenn Leute zu mir kommen und mir sagen, dass meine Musik ihnen geholfen hat und meine Texte bei ihnen ankommen. Wenn das eintritt, ist das für mich der größte Erfolg.
Das zeigt ja auch, dass die Mühe, die man in die eigene Arbeit steckt, von den Leuten wertgeschätzt wird.
Ja voll, das macht auf jeden Fall mehr Sinn.
Du warst ja, bevor du Rapperin wurdest, bereits als Poetry Slammerin unterwegs und machst das immer noch. Ist es so, dass bei dir zwei Herzen in der Brust schlagen oder machst du da mittlerweile gar keinen Unterschied mehr?
Früher habe ich da, wieso auch immer, einen Unterscheid gemacht und Rap und das Slammen voneinander getrennt, bis mir irgendwann aufgefallen ist, dass alles Sprache ist. Vom sprachlichen Anspruch und vom Performance-Anspruch ist es dasselbe. Da habe ich gemerkt, dass ich alles zusammengebe in ein großes Herz für Sprache und Literatur.
Bei deiner Musik, vor allem beim neuen Album und erst recht im Song „Salzwasser„, merkt man auch deine Poetry Slam Wurzeln sehr stark.
Ja genau, vor allem am Anfang des Songs. Von anderen Rappern in der Szene habe ich früher oft zu hören bekommen, dass das ja ganz nett ist, was ich mache, aber nichts mit Rap zu tun hat. Irgendwann ist mir klar geworden, dass das eigentlich eine Stärke ist, wenn man beides kombinieren kann und keine Schwäche.
Da du ja, wie du selber sagst, das Rappen mit der Poesie verbindest – wie würdest du selbst deine Art von Musik beschreiben?
Musik (lacht). Ich finde dieses Genre-Denken extrem schwierig. In meiner Musik gibt es Funkeinflüsse, Soul, Jazz und teilweise Rock. Vom Sprachlichen her würde ich sagen, es geht um rhythmische Gedichte.
In wie weit haben dir deine Erfahrungen bei den Poetry Slams für deine spätere Rap-Karriere geholfen?
Das Slammen hat mir auf jeden Fall beim Rappen geholfen, da ich schon Bühnenerfahrung hatte. Beim Hip Hop gehst du auf die Bühne und machst auf dicke Hose und die Erwartungshaltung ist auch entsprechend da. Wenn du sowas beim Poetry Slam machst, hast ausg’schissen (lacht). Poetry Slam lebt vom Understatement. Das steht mir auf jeden Fall besser als auf dicke Hose zu machen. Ich bekomme die Phrase „Ich höre ja eigentlich nicht Hip Hop. Aber was du machst, mag ich schon“ so oft zu hören. Dann spreche ich offensichtlich auch ein anderes, breiteres Publikum an.
Hast du dich mal mit den Leuten darüber unterhalten, was die sonst so hören?
Eigentlich selten, aber meistens hören sie halt eher so gitarrenlastige Sachen, wie zum Beispiel Brit-Pop und Indie.
Dann bedienst du ja offensichtlich ein sehr breites Publikum, was auch von Vorteil ist.
Ja voll. Ich glaube, das hat aber auch viel mit dem Auftreten zu tun. Was ich bei den Poetry Slams auch gelernt habe, ist: Wenn man mit etwas auf die Bühne geht, was einem selbst nicht entspricht, ist es komisch. Und zwar für alle. Es geht einfach darum, authentisch zu sein.
Du bist ja so vieles: Poetry Slammerin, Veranstalterin von verschiedensten Workshops, Musikerin und Kolumnistin – da frage ich mich: Hast du noch mehr versteckte Standbeine?
Ich habe letztens Theater gespielt. Das war mal etwas Neues. Am 26. Januar spiele ich nochmal in der Roten Bar im Volkstheater die Theaterperformance „Beyoncé verpasst Nick Carter eine Watschn und heiratet sich selbst“. Das ist eine Reise durch die Popkultur der 90er und 2000er von dem jungen Mädchen zur erwachsenen und selbstermächtigten Frau, die sich eben selbst heiratet (lacht). Und ein verstecktes Standbein gibt es noch, das ich aber nicht so ernst nehme, nämlich das Malen. Meiner Meinung nach kann ich es überhaupt nicht (lacht).
Um zurück zur Musik zu kommen: Was hat dich dazu bewogen, Jazz mit Hip Hop zu verbinden, wie es auf dem neuen Album der Fall ist?
Jazz und Blues waren für mich immer schon wichtige Musikrichtungen. Der Einfluss kommt auch von meiner Mutter, die früher alte Jazz-Platten gehört hat.
Und wie haben die Klangkantine und du euch kennengelernt?
Wir haben uns beim Jazz Slam kennengelernt. Dort hat das mit denen so gut funktioniert, dass ich danach zu einem von ihnen nochmal hingegangen bin und gefragt habe, ob wir nochmal etwas gemeinsam machen wollen. Daraufhin wurde eben die Band zusammengestellt und alles konzipiert.
Du hast ja vorhin schon einige Einflüsse angesprochen. Welche Richtungen bzw. Künstlerinnen und Künstler beeinflussen dich und deine Musik sonst noch?
Beyoncé, Beyoncé, Beyoncé (lacht).
Na dann muss das ja jetzt voll gut für dich sein, das Theaterstück zu spielen.
Ja, ist es auch (lacht). Aber sonst beeinflussen mich noch viele andere. Lauryn Hill war immer schon sehr wichtig für mich, auch Fiva, Amy Winehouse, Aretha Franklin oder Sookee aus Berlin. Aber auch die ganze Freundeskreis-Gruppe wie Joy Denalane oder die früheren Hamburger Rapper wie Dendemann.
Du sprichst ja bei deinem neuen Album viele politische Themen an, wie zum Beispiel Migration, Gleichberechtigung oder Feminismus. Wie wichtig ist es für dich, Musik als kritisches Sprachrohr zu verwenden?
Ich bin einfach ein politischer Mensch. Das heißt, es spiegelt sich auch in meiner Kunst wider. Wenn man eine größere Reichweite hat, sollte man sich wenigstens dieser Verantwortung bewusst sein. Ich habe das Gefühl, dass sich manche Leute dessen nicht bewusst sind, manche aber schon.
Was inspiriert dich, neue Songs bzw. Texte zu schreiben?
Eine allgemeine Antwort darauf gibt es für mich nicht. Von Kleinigkeiten, die ich im Bus höre, über Sachen, die ich beobachte, bis hin zu Menschen, die in Alltagssituationen miteinander umgehen. Mich inspiriert einfach alles.
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich die folgende Frage überhaupt stellen soll. Denn eigentlich bin ich dieses Thema schon so leid und du wahrscheinlich auch.
Frau im Hip Hop? (lacht)
Genau (lacht). Ich möchte aber trotzdem deine Meinung dazu wissen, denn das Thema scheint ja trotzdem noch eine gewisse Notwendigkeit zu haben.
Ich finde es schön, wie du die Frage eingeleitet hast (lacht). Mir wird oft die Frage gestellt: „Ist es für dich schwer in der männerdominierten Hip Hop Szene?“ Das äußert sich ja natürlich nicht nur im Hip Hop, sondern in der gesamten Kulturszene oder auch im Kaffeehaus, wo wir gerade sitzen. Es ist ein kulturelles Problem, das man nicht auf den Hip Hop beschränken kann. Ich verstehe natürlich, warum ich diese Frage gestellt bekomme. Natürlich trägt Hip Hop viel Sexismus in sich, der jedoch auch im Alltag zu finden ist. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, mit dem ich mich befasse. Für mich war es nicht wirklich schwer in dieser männerdominierten Szene, weil ich mich immer mit feministischen bzw. politisch korrekten Männern umgeben habe und das auch immer noch tue.
Wir sitzen hier ja in einem kleinen Kaffeehaus in Wien. Deswegen komme ich auf folgende Frage: In deiner Musik bzw. Kunst merkt man, dass die Stadt Wien immer wieder ein Thema ist. Wie wichtig ist Wien für dich?
Wien ist meine Homebase und hier will ich auch auf jeden Fall sterben. Mein großes Ziel ist am Zentralfriedhof begraben zu werden (lacht). Wien ist mein Zuhause, da komme ich her. Seitdem ich 16 Jahre alt bin, bin ich aber auch ständig unterwegs. Durch meine Kunst haben sich so viele Möglichkeiten eröffnet, ich bin durch Ägypten getourt, durch den Senegal, durch ganz Europa. Ich sage auch immer, dass meine Heimat in der Bewegung stattfindet. Ich sehe mich eher als Weltenbürgerin.
Anfang Februar trittst du im Wiener Konzerthaus auf. Gibt es denn noch mehrere geplante Live-Dates demnächst?
Ja, das ist alles gerade in Planung. Im März/April/Mai werden wir auf jeden Fall reisen und für diesen Zeitraum ist dann auch eine Tour geplant. Wir versuchen dieses Jahr auch wieder auf vielen Festivals zu spielen, weil das einfach am meisten Spaßt macht.
Wisst ihr schon, wie die Liveauftritte dann aussehen werden? Also komplett mit neunköpfiger Jazzband?
Wir haben Ende Dezember in Wels schon mal mit der kompletten Band das neue Set gespielt. Es war auf jeden Fall anders, als es bisher war. Professioneller, wenn man es so sagen kann.
Das heißt, Yasmo und die Klangkantine kann man demnächst auch zusammen live erleben?
Ja voll, da freue ich mich schon drauf.
Ich mich auch. Vielen Dank für das nette Gespräch.