Die digitale Transformation bringt Gewinner und Verlierer hervor. Allen Prognosen zufolge dürften MINT-Absolventen zu den strahlenden Siegern gehören. Für sie wird die Auswahl an IT-Berufen immer größer. Softwareentwickler etwa stehen schon heute auf der Sonnenseite des Arbeitsmarktes. Vor allem dann, wenn sie über eine brandneue Killer-Kompetenz verfügen.

Der kleine Thomas war acht Jahre alt, als ihm seine Eltern einen Brotkasten schenkten. Der Brotkasten war in Wirklichkeit ein C64. Commodore hatte den Heimcomputer 1982 auf den Markt gebracht. 64 Kilobyte Arbeitsspeicher trug die Kiste im Innern, für heutige Verhältnisse lächerlich wenig. Für Spitaler aber war es der Startschuss zur Coder-Karriere. „Seither programmiere ich sehr gerne“, sagt er. Mit der Programmiersprache Basic konnten sich damals sogar kleine Buben eigene Spiele schreiben.

Heute ist Thomas Spitaler ein gestandener Softwareentwickler. Er arbeitet freiberuflich in der kleinen Gemeinde St. Martin im Burgenland, 90 Kilometer südlich von Wien. „Während meiner Karriere habe ich in großen und kleinen Unternehmen, in der Forschung sowie im öffentlichen Dienst gearbeitet“, erinnert sich der 46-Jährige. „Das waren alles wertvolle Erfahrungen, aber ich bemerkte, dass ich mich im Bereich Forschung und Entwicklung und in kleinen Unternehmen am wohlsten fühlte.“

Im Mai 2017 machte er sich selbstständig. Spitaler erstellt seither Webseiten und Apps für Tanzstudios, Bauunternehmen oder Gemeinden. Keine Kunden von Weltformat, aber ein einträgliches Geschäft. Sein Gehalt will Spitaler nicht verraten, aber in der Gehaltsrangliste sind Softwareentwickler eher RB Salzburg und weniger Wacker Innsbruck. Schon beim Berufseinstieg verdienen Programmierer in Österreich 2.300 bis 2.800 Euro im Monat. Das ergab eine Analyse der Personalberatung MBMC im vergangenen Jahr. Mit drei bis fünf Jahren Berufserfahrung steigt das Salär auf 2.900 bis 3.800 Euro. Veteranen mit fünf bis zehn Jahren auf dem Buckel können sogar mit 3.900 bis 5.100 Euro rechnen. Noch besser verdienen IT-Projektmanager, SAP-Spezialisten und Vertriebsexperten. Vertriebler mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung kommen in der IT-Branche laut MBMC auf 5.000 bis 6.600 Euro monatlich. Im IT-Support und in der Systembetreuung sind die Gehälter dagegen deutlich niedriger.

Foto: skynesher – istock.com

Welche Kompetenz den Lebenslauf aufwertet

Spitaler arbeitet vor allem mit JavaScript und Java-Script-Frameworks wie React; auf diesem Gebiet bekommt er die meisten Anfragen. Auch HTML, CSS, Node.js, PHP oder GraphQL findet man in seinem Portfolio. Apps entwickelt er mit Swift und React Native. Python hat der Burgenländer hingegen nicht zu bieten.

Python ist die Brie Larson unter den Programmiersprachen. Sie ist als aufstrebendes Sternchen gestartet und jetzt auf dem Sprung zum Superstar. Noch 2012 drehten sich nur vier Prozent aller Fragen auf der stark frequentierten Entwickler-Plattform Stack Overflow um Python, 2018 waren es schon zehn Prozent. Nur die Skriptsprache JavaScript ist populärer. Während aber die Anfragen für JavaScript, Java und auch C# kontinuierlich zurückgehen, wachsen jene für Python unaufhörlich. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis Python den König JavaScript vom Thron stößt. „Python ist heute von allen großen Programmiersprachen die am schnellsten wachsende“, heißt es in der jüngsten Entwicklerumfrage von Stack Overflow.

„Python ist die am schnellsten wachsende Programmiersprache“

Der Niederländer Guido van Rossum erschuf Python Anfang der 90er Jahre. Den Namen lieh er sich von Monty Python’s Flying Circus, der kultigen Comedy-Truppe aus den 70ern, die van Rossum verehrte. Python ist vielseitig einsetzbar und relativ einfach zu lernen. Man kann sie für die Webentwicklung einsetzen, Routineaufgaben automatisieren und – das ist ihr wohl größter Trumpf – Daten auswerten. Kurzum: Python ist ein Top-Skill, der jeden Lebenslauf veredelt.

Jahresgehälter von 150.000 Euro im Jahr

Der Entwickler-Markt ist heiß umkämpft. Der Fachverband UBIT der Wirtschaftskammer Österreich schätzt, dass der Gesamtwirtschaft im Lande 10.000 Fachkräfte für wichtige IT-Jobs fehlen. Und auch in Deutschland werden die Coder knapp. Laut Fachverband Bitkom fehlen 82.000 IT-Experten in Deutschland. In einer Bitkom-Umfrage sagten 82 Prozent der befragten Unternehmen, dass „ein Mangel an IT-Spezialisten herrscht“. Drei Jahre vorher waren es erst 55 Prozent.

Meist scheitert die Stellenbesetzung daran, dass die Bewerber zu hohe Gehaltsvorstellungen haben, das sagen 76 Prozent der Unternehmen. 38 Prozent halten die Bewerber für fachlich unterqualifiziert, 35 Prozent beklagen sich über fehlende Soft Skills.

Die frohe Botschaft für alle Interessierten lautet: Jeder kann Entwickler werden, wenn er oder sie nur will. Und wenn Leidenschaft und Ausdauer keine hohlen Worthülsen bleiben. Laut Entwicklerumfrage 2019 von Stack Overflow haben sich rund 86 Prozent aller Softwareentwickler eine neue Programmiersprache, ein Framework oder Tool selbst beigebracht. Das Credo vom lebenslangen Lernen – in der IT-Welt ist es heute so selbstverständlich wie ein Konto bei Amazon. Fast jeder zehnte Entwickler fing schon als Kind an zu coden. Es gibt aber auch Spätzünder, die erst jenseits der 30 aktiv wurden.

„Spezialist sein zahlt sich aus“

Eine neue Programmiersprache wird Thomas Spitaler in nächster Zeit trotzdem nicht lernen. Als Spezialist, der nicht jeden Trend mitgeht, ist er bislang gut gefahren. „Ich habe nicht das Gefühl, dass mir irgendeine konkrete Programmiersprache im Portfolio fehlt“, sagt er. „Sprachen wie ‚Go‘ werden ohne Zweifel immer wichtiger, aber zur Abwicklung meiner Kundenprojekte waren solche Skills bislang nicht von Bedeutung. Noch gut kann ich mich daran erinnern, als vor ca. zehn Jahren Ruby on Rails populär wurde und einige andere, heute noch weit verbreitete Sprachen und Frameworks für tot erklärt wurden.“

Ruby ist bis heute nicht über einen Nischenstatus hinausgekommen. „Einer meiner Schwerpunkte ist das Content-Management-System Craft cms und die Programmiersprache PHP“, erzählt er weiter. „Und obwohl – oder vielleicht gerade weil – sich der Hype dieser Technologien in Grenzen hält, machen Aufträge auf diesem Gebiet einen guten Teil meiner Arbeit aus.“ Seine Schlussfolgerung: „Spezialist sein zahlt sich aus.“ Sogar für Cobol, den Dinosaurier unter den Programmiersprachen, ist in der Wirtschaft weiterhin Bedarf vorhanden.

Die Trendberufe für MINT-Absolventen

Trends kann man ignorieren; oder aber man springt auf den fahrenden Zug auf. Künstliche Intelligenz (KI) ist mehr als nur ein Trend. Sie löst politische Debatten aus, verursacht Ängste von Jobverlust bis hin zur feindlichen Übernahme durch die Maschinen à la Terminator. Künstliche Intelligenz kann aber auch heilsam sein. Schon heute helfen Deep-Learning-Algorithmen dabei, Röntgenbilder oder CT-Aufnahmen auf Anomalien zu untersuchen, Krankheiten früher zu diagnostizieren. Und dies ist nur eines von Abertausenden Anwendungsbeispielen.

Entwickler für künstliche Intelligenz – das ist einer der Berufe, den die Gehaltsplattform gehalt.de zu den „Trendberufen 2019“ auserkoren hat. Demnach verdient ein KI-Entwickler in Deutschland im Mittel 70.000 Euro jährlich. In den USA können die Gehälter gar schwindelerregende Höhen erreichen. Laut Bewertungsplattform Glassdoor verdienen KI-Entwickler in den USA im Schnitt ca. 111.000 US-Dollar im Jahr – das sind umgerechnet rund 99.000 Euro (Stand: Mai 2019). Im Entwickler-Eldorado San Francisco verdienen Machine-Learning-Developer nach Angaben der Jobplattform Indeed sogar 170.000 Dollar (152.000 Euro) jährlich. Softwareentwickler ohne KI-Kompetenz bringen dagegen „nur“ 134.000 Dollar (120.000 Euro) mit nach Hause.

Wie groß der Rummel um die künstliche Intelligenz ist, weiß man auch bei Coursera. Das Privatunternehmen stellt Online-Kurse ins Netz und kooperiert dafür mit Universitäten auf der ganzen Welt. Auf der Liste der beliebtesten Coursera-Kurse 2018 findet man einen Workshop zum besseren Lernen, einen fürs Wohlbefinden, Englisch- und Chinesisch-Kurse sowie MOOCs über Finanzmärkte und Bitcoins. Ganz vorne auf Platz eins aber rangiert der MachineLearning-Kurs der Eliteschmiede Stanford. Mit einem MachineLearning-Zertifikat polieren viele den eigenen Lebenslauf auf – vor allem professionelle Softwareentwickler. Von ihnen haben laut Stack Overflow schon 60 Prozent im Laufe ihres Berufslebens an einem Massive Open Online Course (MOOC) teilgenommen. Fast ein Drittel war schon mal bei einem Hackathon. Ohne Eigeninitiative geht es in dem Job nicht.

„Das Thema Sicherheit wird für Kunden immer wichtiger“

Doch macht der Arbeitsmarkt nicht nur Softwareentwicklern Freude. „Quer durch alle Branchen werden IT-Spezialisten händeringend gesucht“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. „Die IT-Berufe differenzieren sich immer weiter aus und es entstehen immer neue Berufsbilder“. Dazu zählen zum Beispiel auch Kryptologen, 3D-Druck-Experten und Customer Experience Manager. Alles Berufe, die von gehalt.de zu Trendberufen 2019 erklärt wurden.Kryptologen verschlüsseln sensible Informationen, damit Hacker nicht so leicht an sie herankommen. Passwörter, PINs, Kreditkarten, Firmengeheimnisse – nichts scheint vor den Cyberdieben sicher. „Das Thema Sicherheit wird für Kunden immer wichtiger“, bestätigt Thomas Spitaler.

Auch Know-how rund um den 3D-Druck lässt die Jobchancen sprunghaft steigen. Mittlerweile produzieren 3D-Drucker Waren aller Art, von der Prothese über Markensneaker bis hin zu Flugzeugteilen. Customer Experience Manager wiederum sorgen dafür, dass sich der Kunde im Online-Shop wohlfühlt. Für den Job muss man digital auf der Höhe sein, Branchenkenntnisse und den einen oder anderen Soft Skill mitbringen. Studienfach? Nicht so wichtig. Das zeigt: Nicht jeder IT-Spezialist ist technophil. Die Branche bietet Chancen erstens für Informatiker, zweitens für Mathematiker und Naturwissenschaftler. Und drittens auch für alle anderen.

Nicht mal ein Viertel Informatiker

Rosige Perspektiven bietet das Feld, das gemeinhin unter dem Begriff Big Data zusammengefasst wird. Ein Job, der schon seit Jahren gehypt wird, ist der Data Scientist. Businessnetzwerk Linkedin kürte ihn erst im Januar wieder zum „vielversprechendsten Beruf 2019“. Wer eine Karriere als Data Scientist anstrebt, sollte vor allem – Überraschung – Daten analysieren und auswerten können. Speziell Python- und Machine-Learning-Skills bringen Punkte im Bewerbungsgespräch.

Von den Data Scientists, die die Alexander Thamm GmbH beschäftigt, ist nicht mal jeder Vierte ein Informatiker. Die Münchner preisen sich selbst vollmundig als „die erste echte Data Science Beratung im deutschsprachigen Raum“ an. 23 Prozent ihrer Datenexperten haben Informatik studiert, weitere 23 Prozent BWL oder VWL, 15 Prozent Physik. Jeweils 13 Prozent sind Ingenieure, Mathematiker und Statistiker. Der Weg in den vermeintlichen Traumjob steht prinzipiell jedem frei. Aber mit einem MINT-Studium geht es am schnellsten.

Auf der anderen Seite ist nicht ausnahmslos jeder IT-Job mit einer goldenen Zukunft gesegnet. Die technologische Entwicklung wertet einzelne Digitalkompetenzen auf und andere ab, lässt die Nachfrage sinken oder steigen. Das lässt sich auch sehr schön im Google-Trendbarometer nachverfolgen. In den vergangenen fünf Jahren stiegen etwa die Suchanfragen für „Customer Experience Manager“, „AI Developer“ und „Machine Learning Engineer“ auf der ganzen Welt stark an. „Systemadministrator“ suchen im deutschsprachigen Raum dagegen immer weniger. Python steigt, JavaScript stagniert. Devops klettert aufwärts, Cobol abwärts.

Alles in allem ist die IT-Branche so weitläufig wie die Gehege im Tierpark Schönbrunn. Generalisten halten gute Karten in der Hand, auch Nischen für Spezialisten sind zahlreich, Quereinstiege möglich. Ein studierter Informatiker ist übrigens auch Thomas Spitaler nicht. Er hat Elektrotechnik studiert.

Foto: alvarez - istock.com

Das sind die 15 populärsten Programmiersprachen der Welt:

Diese Programmiersprachen werden von professionellen Softwareentwicklern weltweit am häufigsten genutzt.

1    69,7 %    JavaScript
2    63,1 %    HTML/CSS
3    56,5 %    SQL
4    39,4 %    Python
5    39,2 %    Java
6    37,9 %    Bash / Shell
7    31,9 %    C#
8    25,8 %    PHP
9    23,5 %    TypeScript
10    20,4 %    C++
11    17,3 %    C
12    8,9 %    Ruby
13    8,8 %    Go
14    6,8 %    Swift
15    6,6 %    Kotlin

Text: Sebastian Wolking
Fotos: (c) gorodenkoff, skynesher, alvarez (alle istock.com)

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